5. - 8. September 2002
 
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Marion Löcker, Die Schweinekampagne

Ich bin seit über 10 Jahren im Bereich Tierschutz/tierrechte tätig und habe diverse politische Kampagnen gemacht. Angefangen von Tierversuch, über Gentechnik bis hin zu sogenannten Nutztierkampagnen, obwohl mir dieses Wort nicht gefällt.
Im Jahre 2000 startete der VGT die Schweinekampagne „Ein Herz für Lucie“. Der Name wurde deswegen gewählt, weil man mit einem personifiziertem Tier die Thematik besser in der Gesellschaft unterbringen kann. 1000 Tiere interessieren weniger, als wenn eines stellvertretend und mit Namen für den Rest steht.
Nutztierkampagnen sind generell ein schwieriges Unterfangen, sei es, um dafür Spenden zu bekommen, oder auch in der politischen Umsetzung.
Es ist ein sehr zäher Prozess der kaum von Erfolgserlebnissen gekrönt ist. Ich soll hier nicht über den Status Quo in der politischen Lage bzgl. Schweinehaltung reden, sondern über die Arbeit in der Kampagne und die Probleme, die sich stellen.

Problem Nr.1

Zusammenarbeit mit Vertretern der Politik
Gleich, ob Anfragen an EU-Politiker oder österreichische, der Kontakt ist sehr schwierig herzustellen. Wenn man niemand persönlich kennt, oder Vertreter davon, ist es sehr schwierig, Stellungnahmen oder befriedigende Antworten zu erhalten. Meist erfolgen die Antworten sehr spät und beinhalten nur Gemeinplätze oder vertrösten auf später.
Intensives Lobbying ist aber das A und O gerade im Bereich der Nutztierkampagnen, hat man es einmal geschafft, sich so vorstellig zu machen, das man auch in Erinnerung behalten wird, und hier meine ich in guter, sprich kompetenter Erinnerung, ist vieles leichter.
Hier wäre es wichtig, dass die einzelnen Vereine in den Bundesländern für ihr Land gezieltes, erfolgreiches Lobbying durchführen und dies dann an ein Netzwerk weitergegeben wird.
Erfolgreich sieht man dies bereits in internationalen Vereinigungen wie ECFA, wo länderübergreifend Druck auf Brüssel gemacht wird und dies mit Erfolg. Das müssen wir auch in Österreich schaffen, da es mit der Regelung für 9 verschiedene Länder einfach extrem schwierig ist. Diese Erfahrungen habe ich mit der Schweinekampagne gemacht, in NÖ haben wir die Kontakte bereits und sind sogar zu Mitarbeit eingeladen worden, das neue Gesetz umzuformulieren.

Problem Nr.2

Neue Ideen?
Es ist schwierig, neue Wege zu finden, die Bevölkerung und auch die Spender in die Thematik einzubinden. Für eine Schweinekampagne ist es sehr schwierig, Spendengelder zu bekommen, da das konkrete Spendenziel fehlt. Es ist leichter für ein konkretes Projekt, wo Tieren unmittelbar und sofort geholfen wird, Spenden zu bekommen.
Außerdem wäre es wichtig, auch neue Ideen zu finden, die Politiker mit dem Instrument Gesellschaft unter Druck zu setzen. Protestkarten und Petitionen sind alte Hüte, Produktboykott wäre hier beispielsweise schon ein größeres Druckmittel, ist aber zum einen rechtlich nicht ungefährlich und auch schwer durchführbar, da die Bequemlichkeit der Gesellschaft ein großer Hemmschuh ist.

Problem Nr.3

Das unbefriedigende Ergebnis
Für die Schweine sind nun einige Erfolge erzielt worden, es wird eine neue Richtlinie geben, die immerhin Verbesserungen beinhaltet. Dafür ist lange gekämpft worden und zwar international, wie ich eingangs erwähnt habe. Wenn man sich ausrechnet, wie viel Potential dahinter steht, um wenige kleine Änderungen zu erzielen, möchte man verzweifeln.
Dinge die auf der Hand liegen, die so klar sind, etwa dass ein Schwein nicht allein sein darf und kann und dass für ein Schwein das Schlimmste die Langeweile ist und man sieht dass der Grossteil der Schweine ein schreckliches Leben lang oder kurz, das liegt im Auge des Betrachters und der kann auch ein Tier sein, eben so lebt, dann fragt man sich, warum das nicht hier und jetzt und sofort geändert wird. Warum ist es überhaupt notwendig, dass zig Tierschutz- bzw. rechtsvereine erst darauf aufmerksam machen müssen?
Hat man die Änderung am Tisch, ist sie unzureichend und das Ganze dreht sich weiter, wieder Forderungen stellen, dabei den richtigen Zeitpunkt abwarten, denn wenn gerade das Thema Schweine behandelt worden ist, dauert es Jahre, um es wieder zu einem Thema zu machen.
Und dann kommen die internen Forderungen von Spendern: Warum machts ihr nix? Warum ändert ihr das nicht? Warum bringt ihr das nicht in die Medien und da komme ich zum nächsten Problem.

Problem Nr.4

Das Desinteresse der Medien
Unseren Erfahrungen nach interessieren selbst schwerkranke Schweine in Fabriken, die die Tiere schlichtwegs verrecken lassen, kaum jemand. Spektakuläre Rettungsaktionen gehen im wahrsten Sinne des Wortes im Hochwasser unter.
Nur wenn Krankheiten im Spiel sind, und vornehmlich solche, die auch den Menschen gefährlich werden können und besonders dann, wenn Menschen bereits daran gestorben sind, dann wird die Sache auch für die Medien interessant. Das Schwein allein interessiert nicht, nicht sein Leid und nicht sein Tod. Nicht einmal großartig neue Gesetzesreglungen, Schweine und alle anderen Tiere haben in unsrer Gesellschaft einen zu geringen Stellenwert.
Das Schwein besonders wird noch immer versteckt hinter Betonmauern eingekerkert, das schmutzige Tier, das stinkt, wenn seine Exkremente auf die Felder kommen, regen sich die Leute auf, mit der Schnitzelsemmel in der Hand.

Problem Nr.5

Die konkreten Forderungen eines Tierrechtsvereins am Beispiel der Schweinekampagne
Will ich die Lebensbedingungen für Tiere, in diesem Falle Schweine verbessern, obwohl sie sterben müssen, sprich getötet werden?
Darf ein Tierrechtsverein Forderungen nach mehr Platzangebot für Schweine stellen oder muss er vehement dafür eintreten, dass keine Tiere mehr getötet werden?
Meinen Erfahrungen nach sind alle Menschen, mit denen ich über Schweine spreche, dafür, dass diese Tiere besser gehalten werden, Vegetarier oder Veganer werden sie deswegen aber nicht. Daher meine ich, ist es eben eine unserer Aufgaben Hand in Hand gehend, Vegetarismus und Veganismus propagierend und bewerbend, auch die Forderung nach besseren Lebensbedingungen zu stellen, aus diesem Dilemma entkommt man nicht, es sei denn wir stoppen hier und jetzt alle politischen Arbeiten und konzentrieren uns auf eine reine Veganismuskampagne. Ich halte dies zur Zeit in unserer Gesellschaft als alleinigen Ansatz für zu einseitig. Ich versuche aber immer in jedem Artikel, den ich über Schweine schreibe, in jeder Aussendung, etc. anzumerken, dass man den Tieren nur dann nachhaltig hilft, wenn man sie nicht isst. Punktum.

Für die meisten tierischen Lucies ist es nämlich besser, wenn sie gar nicht geboren werden, ich hoffe, dass dies richtig verstanden wird und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.