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„Der rechtsphilosphische Status von Tieren“ von Prof. Dr. Eva-Maria Maier

 

I. Die Revision des (rechtlichen und moralischen) Tierstatus gehört wohl zu den zentralen Zielsetzungen der aktuellen Tierrechtsbewegung und findet ihren exemplarischen Ausdruck in der Reklamierung von Grundrechten bzw des Personenstatus für Große Menschenaffen.
Ein rechtsphilosophischer Beitrag zur Korrektur der immer noch weitgehend wirksamen Verdinglichung tierischer Lebewesen hat von der kritischen Auseinandersetzung mit den philosophischen, rechtlichen und ökonomischen Faktoren auszugehen, die den gesellschaftlichen Stellenwert von (nicht menschlichen) Tieren weiterhin nachhaltig prägen.
II. Der Beitrag der philosophischen Tradition zum Status der Tiere erweist sich dabei als bloßes „Nebenprodukt“ der philosophischen Anthropologie und spiegelt über weite Strecken wechselnde Akzentsetzungen im Nachdenken über den Menschen wider. In tragisch-paradoxer Weise treiben vor allem die fortschreitende Reflexion auf die spezifische freiheitliche Natur des Menschen und die Durchsetzung modernen Menschenrechtsethos die Ausgrenzung und Abwertung von Tieren sowie deren zunehmende Depotenzierung zu bloßen Sachen voran.
III. In rechtlicher Hinsicht treten erste Ansätze einer Überwindung des scheinbaren „Naturgesetzes“ modernen Privatrechts einer abschließenden Einteilung in Menschen und „Sachen“ zu Tage (§§ 285a, 1332a ABGB), die auch durch entsprechende Tendenzen im Strafrecht (§ 222 Abs.3) und insbesondere durch die prinzipielle Ausrichtung des neuen TSchG auf den Schutz von „Leben“ und „Wohlbefinden der Tiere“ unterstrichen werden. Freilich lässt der konkrete Befund der Tierschutzrechtsreform auf Grund weitreichender Ausnahmeregelungen, der bloßen Umsetzung von EU-Mindeststandards in der Nutztierhaltung sowie der Installierung von sehr unterschiedlichen Schutzniveaus bei Heim- und Nutztieren letztlich nur geringe Fortschritte in der „Entdinglichung“ tierischer Lebewesen erkennen.
IV. Vor allem aber ist den modernen Formen hochindustrialisierter Tiernutzung ein gewaltiger Qualitätssprung in der Instrumentalisierung tierischer Lebewesen zuzurechnen, der auch eine radikale Veränderung des traditionellen Mensch-Tier-Verhältnisses enthält. Dabei verdrängt das unbegrenzte Streben nach Rationalisierung und Nutzenoptimierung nicht nur die grundlegendsten Anforderungen tierischer Bedürfnisbefriedigung, sondern lässt selbst den ökonomischen Stellenwert des einzelnen Tiers – als zu erhaltende Ressource – zurücktreten.
V. Als systematische Grundlage einer Tierethik und als kritisches Korrektiv gegenüber massiven Auswüchsen der Instrumentalisierung von Tieren wird der Rekurs auf die „Würde des Tieres“ als fundamentales rechtsethisches Grundprinzip vorgeschlagen - analog und als notwendiges Gegenüber zur Menschenwürde. Der darin geltend gemachte Eigenwert tierischer Lebewesen knüpft an naturwissenschaftliche Fortschritte der Überwindung eines obsoleten „mechanistischen“ Tiermodells sowie an die Anerkennung grundlegender tierischer Interessen an. In zentraler Weise gewinnt dieser Eigenwert freilich seine Grundlage in der notwendigen fundamentalen Respektierung von Freude und Schmerz tierischer Lebewesen als elementarer Erscheinungsformen subjektiver Identität.
Konkrete institutionelle Konsequenzen daraus wären z.B. durch die Verankerung einer Staatszielbestimmung Tierschutz, die Beseitigung eklatanter Vollzugsdefizite im Tierschutz durch wirksame Kontrollmechanismen und (weitere) Modelle der Vertretung tierischer Interessen bis hin zur möglichen Einräumung „quasi-subjektiver“ Rechte für tierische Lebewesen zu ziehen.