Marion Löcker, Die Schweinekampagne
Ich bin seit über 10 Jahren im Bereich Tierschutz/tierrechte
tätig und habe diverse politische Kampagnen gemacht. Angefangen
von Tierversuch, über Gentechnik bis hin zu sogenannten Nutztierkampagnen,
obwohl mir dieses Wort nicht gefällt.
Im Jahre 2000 startete der VGT die Schweinekampagne „Ein Herz
für Lucie“. Der Name wurde deswegen gewählt, weil
man mit einem personifiziertem Tier die Thematik besser in der Gesellschaft
unterbringen kann. 1000 Tiere interessieren weniger, als wenn eines
stellvertretend und mit Namen für den Rest steht.
Nutztierkampagnen sind generell ein schwieriges Unterfangen, sei
es, um dafür Spenden zu bekommen, oder auch in der politischen
Umsetzung.
Es ist ein sehr zäher Prozess der kaum von Erfolgserlebnissen
gekrönt ist. Ich soll hier nicht über den Status Quo in
der politischen Lage bzgl. Schweinehaltung reden, sondern über
die Arbeit in der Kampagne und die Probleme, die sich stellen.
Problem Nr.1
Zusammenarbeit mit Vertretern der Politik
Gleich, ob Anfragen an EU-Politiker oder österreichische, der
Kontakt ist sehr schwierig herzustellen. Wenn man niemand persönlich
kennt, oder Vertreter davon, ist es sehr schwierig, Stellungnahmen
oder befriedigende Antworten zu erhalten. Meist erfolgen die Antworten
sehr spät und beinhalten nur Gemeinplätze oder vertrösten
auf später.
Intensives Lobbying ist aber das A und O gerade im Bereich der Nutztierkampagnen,
hat man es einmal geschafft, sich so vorstellig zu machen, das man
auch in Erinnerung behalten wird, und hier meine ich in guter, sprich
kompetenter Erinnerung, ist vieles leichter.
Hier wäre es wichtig, dass die einzelnen Vereine in den Bundesländern
für ihr Land gezieltes, erfolgreiches Lobbying durchführen
und dies dann an ein Netzwerk weitergegeben wird.
Erfolgreich sieht man dies bereits in internationalen Vereinigungen
wie ECFA, wo länderübergreifend Druck auf Brüssel
gemacht wird und dies mit Erfolg. Das müssen wir auch in Österreich
schaffen, da es mit der Regelung für 9 verschiedene Länder
einfach extrem schwierig ist. Diese Erfahrungen habe ich mit der
Schweinekampagne gemacht, in NÖ haben wir die Kontakte bereits
und sind sogar zu Mitarbeit eingeladen worden, das neue Gesetz umzuformulieren.
Problem Nr.2
Neue Ideen?
Es ist schwierig, neue Wege zu finden, die Bevölkerung und
auch die Spender in die Thematik einzubinden. Für eine Schweinekampagne
ist es sehr schwierig, Spendengelder zu bekommen, da das konkrete
Spendenziel fehlt. Es ist leichter für ein konkretes Projekt,
wo Tieren unmittelbar und sofort geholfen wird, Spenden zu bekommen.
Außerdem wäre es wichtig, auch neue Ideen zu finden,
die Politiker mit dem Instrument Gesellschaft unter Druck zu setzen.
Protestkarten und Petitionen sind alte Hüte, Produktboykott
wäre hier beispielsweise schon ein größeres Druckmittel,
ist aber zum einen rechtlich nicht ungefährlich und auch schwer
durchführbar, da die Bequemlichkeit der Gesellschaft ein großer
Hemmschuh ist.
Problem Nr.3
Das unbefriedigende Ergebnis
Für die Schweine sind nun einige Erfolge erzielt worden, es
wird eine neue Richtlinie geben, die immerhin Verbesserungen beinhaltet.
Dafür ist lange gekämpft worden und zwar international,
wie ich eingangs erwähnt habe. Wenn man sich ausrechnet, wie
viel Potential dahinter steht, um wenige kleine Änderungen
zu erzielen, möchte man verzweifeln.
Dinge die auf der Hand liegen, die so klar sind, etwa dass ein Schwein
nicht allein sein darf und kann und dass für ein Schwein das
Schlimmste die Langeweile ist und man sieht dass der Grossteil der
Schweine ein schreckliches Leben lang oder kurz, das liegt im Auge
des Betrachters und der kann auch ein Tier sein, eben so lebt, dann
fragt man sich, warum das nicht hier und jetzt und sofort geändert
wird. Warum ist es überhaupt notwendig, dass zig Tierschutz-
bzw. rechtsvereine erst darauf aufmerksam machen müssen?
Hat man die Änderung am Tisch, ist sie unzureichend und das
Ganze dreht sich weiter, wieder Forderungen stellen, dabei den richtigen
Zeitpunkt abwarten, denn wenn gerade das Thema Schweine behandelt
worden ist, dauert es Jahre, um es wieder zu einem Thema zu machen.
Und dann kommen die internen Forderungen von Spendern: Warum machts
ihr nix? Warum ändert ihr das nicht? Warum bringt ihr das nicht
in die Medien und da komme ich zum nächsten Problem.
Problem Nr.4
Das Desinteresse der Medien
Unseren Erfahrungen nach interessieren selbst schwerkranke Schweine
in Fabriken, die die Tiere schlichtwegs verrecken lassen, kaum jemand.
Spektakuläre Rettungsaktionen gehen im wahrsten Sinne des Wortes
im Hochwasser unter.
Nur wenn Krankheiten im Spiel sind, und vornehmlich solche, die
auch den Menschen gefährlich werden können und besonders
dann, wenn Menschen bereits daran gestorben sind, dann wird die
Sache auch für die Medien interessant. Das Schwein allein interessiert
nicht, nicht sein Leid und nicht sein Tod. Nicht einmal großartig
neue Gesetzesreglungen, Schweine und alle anderen Tiere haben in
unsrer Gesellschaft einen zu geringen Stellenwert.
Das Schwein besonders wird noch immer versteckt hinter Betonmauern
eingekerkert, das schmutzige Tier, das stinkt, wenn seine Exkremente
auf die Felder kommen, regen sich die Leute auf, mit der Schnitzelsemmel
in der Hand.
Problem Nr.5
Die konkreten Forderungen eines Tierrechtsvereins am Beispiel
der Schweinekampagne
Will ich die Lebensbedingungen für Tiere, in diesem Falle Schweine
verbessern, obwohl sie sterben müssen, sprich getötet
werden?
Darf ein Tierrechtsverein Forderungen nach mehr Platzangebot für
Schweine stellen oder muss er vehement dafür eintreten, dass
keine Tiere mehr getötet werden?
Meinen Erfahrungen nach sind alle Menschen, mit denen ich über
Schweine spreche, dafür, dass diese Tiere besser gehalten werden,
Vegetarier oder Veganer werden sie deswegen aber nicht. Daher meine
ich, ist es eben eine unserer Aufgaben Hand in Hand gehend, Vegetarismus
und Veganismus propagierend und bewerbend, auch die Forderung nach
besseren Lebensbedingungen zu stellen, aus diesem Dilemma entkommt
man nicht, es sei denn wir stoppen hier und jetzt alle politischen
Arbeiten und konzentrieren uns auf eine reine Veganismuskampagne.
Ich halte dies zur Zeit in unserer Gesellschaft als alleinigen Ansatz
für zu einseitig. Ich versuche aber immer in jedem Artikel,
den ich über Schweine schreibe, in jeder Aussendung, etc. anzumerken,
dass man den Tieren nur dann nachhaltig hilft, wenn man sie nicht
isst. Punktum.
Für die meisten tierischen Lucies ist es nämlich besser,
wenn sie gar nicht geboren werden, ich hoffe, dass dies richtig
verstanden wird und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
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