Gerhard Marschütz: Theologische Elemente einer
Tierethik
1 Einleitung
Unsäglich ist das vielfältige Leid, das unzähligen
Tieren durch Menschen widerfährt (Massennutztierhaltung, Tierversuche
usw.). Die christliche Theologie scheint dem keine entsprechende
Ethik entgegenstellen zu können. Müsste demnach der Titel
meines Vortrages nicht mit einem Fragezeichen versehen werden?
Zumindest aus der Perspektive der jüngeren, intensiv geführten
moralphilosophischen Tierethik-Debatte und den damit in Verbindung
stehenden zahlreichen Tierbefreiungs- und Tierrechtsbewegungen ist
diese Frage wohl zu bejahen. Die Erwartung, dass von der christlichen
Theologie hinreichend Elemente für eine Tierethik entfaltet
werden könnten, tendiert hier gegen Null. Weithin wird sie
zum einen vielfach gar nicht erst formuliert oder zum anderen durch
kritische Gegenargumente als nicht zielführend entlarvt.
Sogar innerhalb der Theologie wird von Eugen Drewermann die These
vertreten, dass es kaum möglich sei, „auf dem Boden der
Bibel eine umfassende, nicht nur auf den Menschen bezogene Ethik
der Natur zu begründen“, denn hier werde eine Grundhaltung
ausgeprägt, derzufolge „der Mensch eine absolute Vorrangstellung
in der Natur besitzt und den Anspruch einer uneingeschränkten
Machtausübung in der Natur erheben kann, ja soll“(Der
tödliche Fortschritt, 100; 79)
Auch wenn diese Auffassung so nicht haltbar ist, kann nicht darüber
hinweggesehen werden, dass die theologische Literatur zum Thema
Tierethik „sehr arm“ (A. Bondolfi) ist und zudem oft
nur als Teilgebiet einer Umweltethik abgehandelt wird. Allein an
Zahl der Veröffentlichungen, so Gotthard M. Teutsch in der
Zeitschrift ALTEX (1997), liegt die theologische Literatur gegenüber
der Philosophie drastisch zurück. Verantwortlich hierfür
sei vor allem, dass es der Theologie nur schwerlich gelingt, „die
anthropozentrische Begrenzung zu überwinden“, der bekanntlich
in wirkungsgeschichtlicher Perspektive eine starke Mitschuld am
gewaltsamen Umgang mit der Tierwelt angelastet wird.
Die weit verbreitete Kritik an dieser anthropozentrischen Begrenzung
läuft im Kern darauf hinaus, dass hier nur Menschen ein moralischer
Status zuerkannt werde, die nichtmenschliche Wirklichkeit und damit
auch Tiere hingegen zu Objekten degradiert würden, mit denen
der Mensch nahezu beliebig umgehen könne. Der zentrale Vorwurf
gegen die Anthropozentrik artikuliert sich demnach im Speziesismus
und besagt, dass die menschlichen Interessen prinzipiell Vorrang
vor denen anderer Lebewesen haben und zwar einfach deswegen, weil
- hinsichtlich unseres Themas - Menschen einer anderen Spezies (der
Spezies homo sapiens) zugehören als Tiere.
Die diesem Vorrang zugrunde liegende Differenz zwischen Mensch
und Tier, wird von den meisten TierethikerInnen bestritten. Deren
Ausgangsbasis ist in je unterschiedlicher Entfaltung die Gemeinsamkeit,
ja Gleichheit von Mensch und Tier, die insbesondere in der - Menschen
und Tieren gemeinsamen - Schmerz- und Leidensfähigkeit ihren
zentralen und zugleich moralisch relevanten Reverenzpunkt findet.
Moralischer Status kommt hier nicht nur Menschen, sondern auch Tieren,
zumindest „höheren“ Tieren zu. Daher könne
eine Tierethik nach Auffassung vieler TierethikerInnen nur im Rahmen
eines pathozentrischen (d.h. alle schmerz- und leidensfähigen
Lebewesen von vornherein einschließenden) Ansatzes entfaltet
werden. Ein anthropozentrischer Ansatz hingegen könne systembedingt
tierethische Anliegen nicht angemessen zur Geltung bringen.
Will man also theologische Elemente für eine Tierethik zu
entfalten, so kommt man nicht umhin, sich mit der Kritik an der
Anthropozentrik und damit auch am Speziesismus auseinanderzusetzen.
Dass eine solche Auseinandersetzung zu einem sinnvollen Ergebnis
führen könnte, wird freilich von vielen bezweifelt –
im Hinblick auf die in den biblischen Schöpfungsberichten überlieferte
Sonderstellung des Menschen und den damit verbundenen sog. Herrschaftsauftrag
(dominium terrae) „Unterwerft Euch die Erde“ (Gen 1,28).
Dem Vorwurf, dass schöpfungstheologisch bereits alles gegen
die Möglichkeit der Entfaltung einer angemessenen Tierethik
vorentschieden sei, gilt es im Folgenden nachzugehen. Dabei setze
ich voraus, das einzelne Bibelzitate nicht als Schlagworte für
oder gegen eine bestimmte Auffassung herhalten können. Die
Interpretation biblischer Texte erfordert komplexe Reflexionen,
die durch vorschnelle, monokausale Schuldzuweisungen an eine Textstelle
oder eine damit verbundene Tradition –die jüdisch-christliche
– alsbald verunmöglicht werden.
2 Schöpfungstheologische Elemente
Die grundlegenden Aussagen des christlichen Schöpfungsglaubens
finden sich auf den ersten Seiten der Bibel, entfaltet insbesondere
in zwei Schöpfungsgeschichten.
Vorweg ist - um Mißverständnissen vorzubeugen - festzuhalten,
dass darin keine Antwort gegeben werden will auf die Frage, wie
die Wirklichkeit der Welt in raum-zeitlicher Abfolge entstanden
ist. Schöpfung ist kein empirischer, sondern ein theologischer
Begriff, der besagt, dass alle Wirklichkeit in Gott ihren Ursprung
hat. Die biblischen Schöpfungsgeschichten bezeugen den Glauben,
dass die Welt in Gott ihren Urgrund, Ursprung und ihr Endziel hat.
Jede „Vorher-Nachher“ Interpretation auch im Sinne eines
Nacheinanders von Paradies und Sündenfall ist somit nicht haltbar.
Manche Theologen markieren Schöpfung sogar als eschatologischen,
d.h. endzeitlichen Begriff, der primär nicht den Anfang, sondern
diesen auf das Ende im Sinne der „Hoffnung auf ihre Erfüllung
hin“ (U. Hediger), die Gott verheißt, in den Blick nimmt.
Diese wenigen Vorbemerkungen verdeutlichen, dass es alles andere
als leicht ist, die biblischen Schöpfungsaussagen angemessen
zu interpretieren. Auf keinen Fall stellen sie Patentrezepte zur
Verfügung, die unmittelbar für oder auch gegen eine bestimmte
Tierethik herhalten könnten. Darauf komme ich später noch
zurück.
Es ist allerdings sinnvoll und möglich, (zumindest skizzenhaft)
wichtige Elemente herauszustellen, die dem biblisch überlieferten
Schöpfungsglauben zugrunde liegen.
1. Ein erstes Element besagt, dass alles sich Gott verdankt, in
ihm seinen Ursprung hat. Es verweist darauf, dass alles Geschaffene
vorgängig zu jeder Unterscheidung und Rangordnung als unhintergehbare
Einheit konzipiert ist und somit in fundamentaler kreatürlicher
Gemeinschaft zu sehen ist.
Diese fundamentale kreatürliche Gemeinschaft verdichtet sich
insbesondere zwischen Mensch und Tier, wie das etwa in Gen 1, 24ff,
wo Menschen und (Land-)Tiere an ein und demselben Tag erschaffen
werden, oder in der Namensgebung der Tiere durch den Menschen in
Gen 2, 19f zum Ausdruck gelangt.
2. Ein zweites Element bezieht sich auf den Eigenwert alles Geschaffenen.
Dem biblischen Zeugnis gemäß verdankt sich alles Geschaffene
einem liebenden Gott, es entspringt Gottes freier Liebestat („creatio
ex amore“).
Weish 11,24: „Du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts
von allem, was du gemacht hast; denn hättest du etwas gehaßt,
so hättest du es nicht geschaffen.“
Schöpfung als Tat der Liebe Gottes impliziert, dass diese gerade
in ihrer radikalen Abhängigkeit etwas gegenüber Gott Eigenständiges
ist und darin die je eigene Würde alles Geschaffenen gründet.
Die Schöpfungstat Gottes hebt das Eigensein der Geschöpfe
nicht auf. Als Tat der Liebe setzt sie vielmehr alles Geschaffene
frei in ihr jeweiliges Eigensein, das wiederum in der Hinordnung
zum Schöpfer ihr Ziel findet.
Dieser Eigenwert wird erneut in besonderer Weise bezüglich
Mensch und Tier ausgesagt, die Gott (in Gen 1) gleichermaßen
segnet und (in Gen 2,19ff) als mögliche Partner gegenseitiger
Entsprechung einbringt.
3. Diese kreatürliche Gemeinschaft, in der allem Geschaffenen
ein jeweiliges Eigensein zukommt, bildet den Hintergrund für
das dritte Element, die Betonung der Sonderstellung, die den Menschen
innerhalb der Schöpfung auszeichnet. Allein beim Menschen heißt
es „Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen“ (Gen
1,28a). Mit der Schaffung des Menschen als Abbild Gottes (und derart
zugleich als Höhepunkt der Schöpfung) wird jene qualitative
Differenz in der Gemeinschaft zwischen Mensch und Tier markiert,
derzufolge allein der Mensch zu einer besonderen Beziehung zu Gott
befähigt ist und in dieser Gottesbeziehung zugleich erst seine
Identität findet. Der zweite Schöpfungsbericht in Gen
2 und 3 bringt diese Differenz darin zum Ausdruck, dass allein der
Mensch dem Menschen ein adäquater Partner ist, nicht aber das
Tier. („Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von
meinem Fleisch ...“ vgl. Gen 2,19ff)
Diese (in der Relation zu Gott wurzelnde) Sonderstellung des Menschen
findet sodann im sog. biblische Herrschaftsauftrag (dominium terrae,
Gen 1,28) ihren Ausdruck, der aber in seinem ursprünglichen
Sinn alles andere als eine Rechtfertigung der willkürlichen
Ausbeutung der nichtmenschlichen Wirklichkeit durch den Menschen
ist. Herrschen wird hier vom Verständnis des altorientalischen
Königtums her gedeutet: als Verantwortung des Königs für
sein Reich, die stets gebunden ist an Gottes Souveränität.
Angesprochen ist somit die gottbezogene Verantwortung des Menschen
für die ihm anvertraute Schöpfung in seinem kulturellen
Wirken. Insofern der Herrschaftsauftrag unter dem Segen Gottes steht
(„Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen“), würde
dieser Auftrag geradezu verfehlt werden, wenn er auf eine Zerstörung
der Schöpfung hinausliefe. Im zweiten Schöpfungsbericht
wird dieser Kulturauftrag an den Menschen daher mit „bebauen“
und „bewahren“ (vgl. Gen 2,15) umschrieben.
Insofern das kulturelle Wirken des Menschen moralische Entscheidungen
herausfordert, kann man sagen, dass die biblische Sonderstellung
des Menschen und der damit verbundene sog. Herrschaftsauftrag auf
die Gottfähigkeit und Moralfähigkeit des Menschen verweist,
die ihn zugleich vom Tier unterscheidet.
Unleugbar weist somit dieses dritte Element eine – wie wir
in heutiger Terminologie sagen - anthropozentrische Perspektive
auf. Die Schöpfung als ganze findet im Menschen gleichsam ihre
Sinnspitze. Die Sonderstellung des Menschen sowie der damit verbundene
sog. Herrschaftsauftrag stehen aber in Relation zu Gott, so dass
allenfalls von einer theozentrisch eingebetteten Anthropozentrik
die Rede sein kann. Sie umfasst jene besondere Beziehung des Menschen
zu Gott und zu den anderen Mitgeschöpfen, die verantwortlich
auszugestalten ist.
4. Ein viertes Element verweist darauf, dass der biblische Schöpfungsglaube
nicht nur auf den Anfang aller Wirklichkeit gerichtet ist, sondern
zugleich eine geschichtliche und endgeschichtliche Ausrichtung beinhaltet.
Schöpfung wird somit nicht nur als einmaliges Ereignis der
Vergangenheit verstanden, sondern als etwas, das in die Gegenwart
hinein dauert und in die Zukunft hinein ragt.
Als jetztzeitliches Geschehen gelangt der Glaube an die beständige
wirkmächtige Gegenwart des Schöpfers in seiner Schöpfung
(„creatio continua“) in den Blick. Gott trägt und
durchwirkt die Schöpfung im geschichtlichen Prozess, damit
sie – durch Mitwirkung des Menschen – immer wieder neu,
wenngleich unabschließbar, zur Heilsgeschichte werden könne.
Als endzeitliches Geschehen ist die Hoffnung auf eine neue Schöpfung,
die Erwartung „eines neuen Himmels und einer neuen Erde, in
denen die Gerechtigkeit wohnt“ (2 Petr 3,13; vgl. auch Jes
65,17; 66,22; Offbg 21,1), angesprochen.
Diese beiden Dimensionen des Schöpfungsglaubens setzen voraus,
dass die Schöpfung niemals als ideale Wirklichkeit erfahren
wurde. In der Sintfluterzählung heißt es, dass alle Wesen
aus Fleisch auf der Erde verdorben leben, dass „durch sie
die Erde voller Gewalttat ist“ (Gen 6,13b) und somit keine
Gerechtigkeit waltet. Dieses „durch sie“ bezieht sich
nicht nur auf den Menschen (näherhin auf dessen Sünde,
die hier theologisch eigens zu thematisieren wäre); auf ihn
primär, aber nicht ausschließlich. Diese Gewalt wird
daher in den Dimensionen zwischen Mensch und Mensch (dargestellt
im Drama der Erzählung von der Ermordung Abels durch seinen
Bruder Kain), zwischen Mensch und Tier und zwischen Tier und Tier
verdeutlicht.
Der Bund, den Gott mit Noach nach der Sintflut schließt, bezeugt
nunmehr so etwas wie einen „nachsintflutlichen Realismus“.
Waren Mensch und Tier ursprünglich zum „Vegetarier“
bestimmt (vgl. Gen 1,29f), so gestattet der nachsintflutliche Bund,
dass Menschen (und wohl auch Tiere) sich von Fleisch ernähren
(vgl. Gen 9,3f), hierbei aber nicht das Bewußtsein verlieren
dürfen, dass Tiere Geschöpfe sind (vgl. Gen 9,4: Fleisch,
das seine Seele – sein Blut – noch in sich hat, dürft
ihr nicht essen).
Der Bund, den Gott nach der Sintflut aufrichtet, gilt jedoch „allen
Wesen aus Fleisch“ (Gen 9,15), also nicht nur Noach und seinen
Nachkommen, sondern zugleich allen Tieren (vgl. Gen 9,10), d.h.
Menschen und Tiere werden nach wie vor in besonderer Weise als Gemeinschaft
gesehen.
Vor allem die endgeschichtliche Ausrichtung des Schöpfungsglaubens
weist darauf hin, dass dieser „nachsintflutliche Realismus“
nicht als dem ursprünglichen Schöpfungssinn entsprechend
angesehen wurde, wiewohl er allem Anschein nach als nicht gänzlich
vermeidbar zur Kenntnis genommen wurde bzw. genommen werden mußte
– gleichsam als unvermeidbares Übel..
Jene friedliche Gemeinschaft jedenfalls, die Jes 11 zwischen den
Tieren und zwischen Mensch und Tier anspricht und jene Herrlichkeit
des vollendeten Reiches Gottes, die Paulus in Röm 8 für
die ganze Schöpfung ersehnt , stehen der Realität allein
im Modus der Hoffnung offen. Sie finden ihre Vollendung erst, wenn
Gott einmal „alles und in allem“ sein wird (1 Kor 15,28).
Gegenwärtig vermögen Menschen nur eine bruchstückhafte
Verwirklichung des ursprünglichen und endzeitlich erhofften
Schöpfungssinns herbeizuführen. Es besteht allein die
Möglichkeit, Spuren einer neuen Schöpfung zu realisieren,
nicht aber eine Neuschöpfung im strengen Sinn. Die Sehnsucht
nach einer gewalt- und leidfreien Welt bleibt als - letztlich unerfüllbare
- Sehnsucht.
Neben den hier skizzierten schöpfungstheologischen Elementen
gibt es freilich weitere biblische Fundorte, die das Mensch-Tier-Verhältnis
thematisieren. Für weitere Entfaltungen fehlt allerdings der
nötige Raum. Statt dessen zitiere ich daher einige Sätze
aus einem Artikel, der das menschliche Verhältnis zu den Tieren
in der Bibel ausführlich behandelt:
„Das Tier wird in der Nähe des Menschen gesehen. Es gehört
zu seiner unmittelbaren Umwelt. Es ist Gottes Geschöpf und
hat wie alle Geschöpfe den Auftrag, Gott zu loben. Die Erniedrigung
des Tieres zum Gegenstand kann sich jedenfalls nicht auf die Bibel
berufen.“ (L. Vischer 1997, 285)
In der Bibel werden Tiere weder vermenschlicht, noch verdinglicht.
Als Gottes Geschöpfe besitzen sie einen eigenständigen
Wert, den es zu achten gilt.
3 Theologische Elemente einer Tierethik
Wenn hier nicht weitere biblische Belege für das Mensch-Tier-Verhältnis
referiert werden können, so ist das insofern nicht tragisch,
als diese sich weithin in die dargelegten schöpfungstheologischen
Elemente einordnen lassen. Zudem besteht Konsens darüber, dass
aus biblischen Aussagen nicht unmittelbar eine Ethik abgeleitet
werden kann und somit sich im einzelnen keine Tierethik begründen
lässt. Andernfalls könnte die Theologie zu vielen aktuellen
und ethischen relevanten Konflikten des Mensch-Tier-Verhältnisses
gar nicht Stellung nehmen, weil derartige Konflikte in der Bibel
schlechterdings nicht auftauchen.
Eine theologisch begründete Tierethik lässt sich nur
in enger Anlehnung an und Auseinandersetzung mit philosophischen
Theorien wie auch ethologischen Einsichten entwickeln. Was einzig
und allein zählt, ist auch in einer theologisch begründeten
Tierethik die vernünftige Argumentation und Begründung.
Wozu bedarf es dann noch der Theologie, könnte man nun einwenden.
Allein die Tatsache, dass es z.B. verschiedene moralphilosophische
Theorien zur Tierethik gibt, zeigt, dass das rationale Argument
keineswegs eine gleichförmige Logik aufweist, sondern jeweils
von zugrunde liegenden Prämissen abhängig ist. Die Vernunft
operiert niemals im luftleeren Raum, sondern immer schon in je unterschiedlichen
Sinnzusammenhängen, die auch Prämissen bewirken (z.B.
Weltbilder, Menschenbilder), innerhalb derer die Vernunft argumentiert.
Sinngehalte bestimmen Denkinhalte. In theologischer Perspektive
ist es die vom Glauben erleuchtete Vernunft, oder anders gesagt:
Der Glaube gibt der Vernunft zu denken. Demnach gibt der Schöpfungsglaube
der Vernunft zu denken, er inspiriert Reflexionen in eine bestimmte
Richtung. Er wirkt hermeneutisch als Sinnhorizont ethischer Reflexionen.
Die dargelegten Elemente des Schöpfungsglaubens vermögen
somit wichtige Sinngehalte– darin auch Sinnpräferenzen
– im Mensch-Tier-Verhältnis zu vermitteln. Solche Sinngehalte
entlassen wiederum bestimmte Haltungen, wie etwa die Ehrfurcht oder
Achtung gegenüber nichtmenschlichen Lebewesen, aus denen in
weiterer Folge konkrete Handlungen erfließen. Solche Sinngehalte
sind zugleich für den Zugang zur Ethik und den Umgang mit ihr
bzw. mit den in ihr allgemein anerkannten Prinzipien und Kriterien
bedeutsam.
Welche Sinngehalte eröffnen nun die genannten Elemente des
Schöpfungsglaubens, die keinesfalls isoliert, sondern stets
in ihrer wechselseitigen Zusammengehörigkeit aufzugreifen sind?
Und welche Elemente einer theologischen Tierethik lassen sich daraus
argumentativ entfalten? Hierzu einige, wiederum nur skizzenhaft
entfaltbare Überlegungen.
Ich beginne mit dem zweiten Element, dem kreatürlichen Eigenwert
alles Geschaffenen, der es verbietet, Tiere als bloße Gegenstände
menschlichen Handelns zu betrachten. Jenseits theologischer Prämissen
erfließt daraus die Aufgabe, in den Diskurs über den
moralischen Status von Tieren einzutreten. Es müßte theologisch
außer Frage stehen, dass auf viele Tiere zutrifft, dass sie
(hinsichtlich der von G.J. Warnock eingebrachten Unterscheidung
von “moral agents” und “moral patients“)
„moral patients“ sind, also Wesen, die der handelnde
Mensch um ihrer selbst willen in seinen moralischen Überlegungen
zu berücksichtigen hat; die also „Objekt der Sittlichkeit“
(G.J. Warnock) sind und denen gegenüber daher direkte moralische
Verpflichtungen bestehen.
Die Frage, welche Tiere der Kategorie „moral patients“
zuzuordnen sind und wie dies näherhin begründet werden
kann, ist in weiterer Folge eine sehr wichtige, aber dennoch bereits
sekundäre Frage. Sie ist zudem keinesfalls leicht zu beantworten.
Die theologische Rede von der Mitgeschöpflichkeit allein reicht
für eine solche Begründung jedenfalls nicht aus, vonnöten
sind vielmehr phänomenal auf- und empirisch ausweisbare Argumente
(wie z.B. die Schmerz- und Leidensfähigkeit, die nach Friedo
Ricken als intuitionistisches Argument, als Gleichheitsargument
und als Selbstzweckargument interpretiert werden kann, sowie weitere
ethisch relevante empirische Tatsachen wie etwa das Kommunikationsverhalten,
moralanaloges Verhalten oder die Möglichkeit von [Selbst-]Bewußtsein
bei Tieren).
Ricken selbst vertritt die Selbstzweckthese, d.h. Tiere sind für
ihn in einem analogen Sinn objektive Zwecke oder Zwecke an sich
selbst. Als Selbstzwecke sind sie daher niemals ausschließlich
Mittel für die subjektiven Zwecke des Menschen. Damit ist in
keiner Weise die Unantastbarkeit der Organismen behauptet, es wird
lediglich eine Beweislast festgelegt, d.h. Eingriffe in das nichtmenschliche
Leben bedürfen der Rechtfertigung. Der analoge Selbstzweckbegriff
besagt, dass zwar alle objektiven Zwecke zu berücksichtigen
sind, aber entsprechend ihrer Verschiedenheit unterschiedlich zu
gewichten sind. Darauf ist später noch zurück zu kommen.
Diese grundsätzlichen Überlegungen zum zweiten Element
sind wohl mit den meisten Ansätzen der gegenwärtigen Tierethik
dialogfähig zu halten. Das trifft zumeist nicht mehr zu, wenn
nunmehr auch das erste und dritte Element integrativ mitbedacht
werden.
Nimmt man nur das erste Element hinzu, die kreatürliche Gemeinschaft
alles Geschaffenen, dann ist theologisch sogar eine holistische
Position, die jenseits jeglicher Hierarchisierung allem, was existiert,
einen eigenständigen Wert und somit moralischen Status zuerkennt,
vertretbar. Zum einen trifft es zu, das theologisch gesehen auch
die nichtmenschliche Wirklichkeit moralisch relevant und demnach
entsprechend zu berücksichtigen ist. Zum anderen ist zu bedenken,
dass bereits biblisch diese kreatürliche Gemeinschaft in besonderer
Weise zwischen Mensch und Tier verdeutlicht wird und darin implizit
eine Rangordnung gegenüber der übrigen Schöpfung
ausgesagt wird, die gleichfalls ernst zu nehmen ist.
Nimmt man nur das dritte Element hinzu, die Sonderstellung des
Menschen samt Herrschaftsauftrag, dann scheint theologisch nur eine
anthropozentrische Position eingenommen werden zu können. Biblisch
– so wurde gesagt – kann jedoch allenfalls von einer
theozentrisch eingebetteten Anthropozentrik die Rede sein. Ist es
daher überhaupt sinnvoll von einer Anthropozentrik zu sprechen,
wenn man unter Berücksichtigung des ersten Elementes zudem
bedenkt, dass dem Menschen nicht gegenüber, sondern inmitten
dieser Schöpfung eine Sonderstellung zukommt?
Der Begriff Anthropozentrik wird zumeist nur als Schlagwort, jenseits
notwendiger Differenzierungen in den Diskurs eingebracht. Zu unterscheiden
ist aber zumindest zwischen Formen
- einer radikalen oder neuzeitlich-positivistischen,
- einer relativen oder relationalen und
- einer methodischen oder erkenntnistheoretischen Anthropozentrik.
Methodische oder erkenntnistheoretische Anthropozentrik besagt,
dass Erkennen und Verstehen unumgänglich anthropozentrisch
sind. Sie artikuliert sich in der Einsicht, dass im Erkennen und
Handeln der Mensch nicht eliminiert werden kann. Hierzu gehört
auch, dass z.B. das vielfältige Bemühen im Rahmen pathozentrischer
Ansätze, Tiere in die moralische Gemeinschaft zu integrieren,
unumgänglich anthropozentrisch erfolgt, d.h. der Tieren zuerkannte
moralische Status basiert letztlich auf Kriterien, die wesentlich
durch den Grad der Ähnlichkeit zum „normalen“ erwachsenen
Menschen bestimmt sind. Die moralische Integration von Tieren ist
zentral von der „Reichweite unseres Einfühlungsvermögens“
(J.-C. Wolf 1992, 75) abhängig.
Eine radikale oder neuzeitlich-positivistische Anthropozentrik
betrachtet die nichtmenschliche Wirklichkeit primär als Objekt
menschlicher Verfügungsgewalt, als ein vom Menschen zu analysierendes
und beliebig manipulierbares Material. Mit ihr verbindet sich zugleich
eine moralische Anthropozentrik, derzufolge nur Menschen ein moralischer
Status zukommt, nichtmenschliche Lebewesen dagegen nicht moralisch
relevant sind. Das hat wiederum einen radikalen Speziesismus zur
Folge, wonach beliebige menschliche Interessen prinzipiell Vorrang
vor denen der nichtmenschlichen Lebenswelt haben. Diese Form der
Anthropozentrik wird dem Christentum oft vorgeworfen, wenngleich
– zumindest sachlich gesehen - fälschlicherweise.
Theologische Überlegungen können angemessen nur in einer
relativen oder relationalen Anthropozentrik bedacht werden. Hierbei
wird zwar an der Sonderstellung des Menschen festgehalten (= schöpfungstheologisches
Element 3), zugleich werden aber die vielfältigen, stets auch
in die nichtmenschliche Lebenswelt hineinreichenden Beziehungen,
in welche Menschen konstitutiv eingebettet sind, konzeptiv integriert
(= schöpfungstheologisches Element 1), und derart auch die
nichtmenschliche Wirklichkeit in ihrem je eigenen Wert ernstgenommen
und zu achten gefordert (= schöpfungstheologisches Element
2). Infolgedessen auch die nichtmenschliche Wirklichkeit moralisch
relevant ist, bedürfen menschliche Eingriffe in diese der Rechtfertigung,
was aber nicht die Unmöglichkeit einer solchen Rechtfertigung
besagt. Vor dem Problem des Konflikts steht letztlich jede Moralbegründung.
Eine relationale Anthropozentrik setzt somit voraus, dass der
je eigene Wert der nichtmenschlichen Wirklichkeit zu berücksichtigen
ist, aber entsprechend seiner Verschiedenheit unterschiedlich zu
gewichten ist. Gemäß der Evolutionstheorie ist die Tierwelt
höher als die Pflanzenwelt und das Leben überhaupt höher
als die leblose Natur einzustufen. Zudem gilt es, die vielfältigen
Unterschiede zwischen den Tieren selbst zu berücksichtigen.
Die Ranghöhe eines Lebewesens innerhalb der scala naturae bestimmt
den Grad der Berücksichtigungswürdigkeit des ihm zukommenden
Eigenwerts.
Zugleich wird in einer relationalen Anthropozentrik die Sonderstellung
des Menschen und damit dessen Unterschied zum Tier aufrecht erhalten.
Ich kann auf die schwierige Frage des (qualitativen sowie zum
Teil auch fließenden und somit nur graduellen) Unterschiedes
zwischen Mensch und Tier hier nicht näher eingehen. Ich sehe
nur folgendes Grundproblem: Wird Gleichheit postuliert, dann werden
(manche) Tiere auf die Ebene von Menschen gehoben und so die Menschen
aus ihrer Sonderstellung heruntergeholt und gewissermaßen
nur noch als „De-Luxe-Tiere“ (H. Halter) gesehen. Zugleich
tritt hierbei aber das Bewußtsein radikaler Fremdheit und
undurchdringlicher Andersheit, die auch zur menschlichen Tiererfahrung
gehören, alsbald zurück und werden als vernachlässigbar
angesehen. Das zentrale Problem liegt darin, beiden Aspekten gerecht
zu werden, und die darin liegende Spannung auszuhalten und zu halten.
Die Betonung der Ähnlichkeit verwischt oft die Differenz und
die Betonung der Differenz verkennt zumeist die Ähnlichkeit.
Auszugehen wäre vielmehr von einer Differenzgemeinschaft zwischen
Mensch und Tier, d.h. in der Differenz ist zugleich die Gemeinschaft
(und Ähnlichkeit) mit dem Tier und in der Gemeinschaft zugleich
die Differenz zum Tier ernst zu nehmen.
Zu beachten ist jedenfalls, dass aus Unterschieden des Menschen
zum Tier nicht schon ein bestimmtes Verhalten und bestimmte Handlungen
zum Tier abgeleitet werden können. Die Moralfähigkeit
des Menschen zeichnet es gerade aus, einen Standpunkt einnehmen
zu können, der nicht bloß die Sphäre menschlicher
Interessen einbezieht. Wird die Differenzgemeinschaft zum Tier ernst
genommen, dann ist ein ethisches Konzept herausgefordert, welches
die unter Menschen und für Menschen entwickelte ethische Kultur,
die vor allem auf gegenseitige Achtung und Minimierung jedweder
Gewalt abzielt, in analoger Weise für unseren Umgang mit Tieren
verbindlich macht. Vonnöten ist eine Weitung des Leitbilds
der Humanität, das Tiere in ihrem jeweiligen Eigenwert auch
direkt einbezieht. Eine Moral hingegen, die das Recht des Stärkeren
als Prinzip etabliert, bezeugt und propagiert nicht Moralität,
sondern Brutalität.
Im Rahmen einer relationalen Anthropozentrik ist der Mensch verpflichtet,
Tiere ihrem jeweiligen Eigenwert entsprechend zu behandeln. Die
vorausgesetzte Sonderstellung des Menschen besagt daher keinesfalls,
dass jedes beliebige menschliche Interesse Vorrang hat gegenüber
tierlichen Interessen, vielmehr kommt den vitalen Interessen des
Tieres Vorrang gegenüber weniger vitalen oder nicht-vitalen
menschlichen Interessen zu. So sind z.B. ökonomische Interessen
des Menschen kein moralisch zu rechtfertigender Grund für die
industrialisierten Formen der Massentierhaltung. (Hier fehlt weithin
auch der Aufschrei christlicher Kirchen oder wird nicht nachhaltig
genug eingebracht )
Schwieriger erweist sich die Frage, wie der Konflikt zwischen
gleichrangig zu bewertenden vitalen Interessen von Menschen und
Tieren zu entscheiden ist? Aus christlich-theologischer Sicht bzw.
im Rahmen einer relationalen Anthropozentrik kommt in einem solchen
Fall den Interessen des Menschen Vorrang gegenüber den Tieren
zu. Es wird also argumentativ die Position eines „schwachen
Speziesismus“ (F. Riecken) bezogen. Diese Vorrangsregel rechtfertigt
aber gerade kein beliebiges Verfügen über Tiere. Bei genauer
Betrachtung würde sich wohl zeigen, dass in vielen Bereichen
dem gegenwärtigen, weithin als selbstverständlich betrachteten
Verfügen des Menschen über Tiere oftmals kein vitales
menschliches Interesse gegenüber steht. Vitale Interessen des
Menschen sind daher zumindest am Kriterium der Notwendigkeit zu
prüfen. Nur wo die unumgängliche Notwendigkeit besteht,
vitale Interessen von Tieren zu verletzen, um vitale Interessen
des Menschen zu schützen und zu fördern, kann dies - unter
Einbeziehung entsprechender Kriterien - moralisch gerechtfertigt
werden.
Was besagt das konkret. Es stellt sich – um ein zentrales
Thema herauszugreifen – ohne Zweifel grundsätzlich die
Frage, ob wir überhaupt das Recht haben, Tiere für Nahrungszwecke
zu töten, insofern der Mensch auf solche Nahrung (in der Regel)
nicht notwendig angewiesen ist. Die Antwort darauf wird - auch theologisch
- wohl eher in Richtung eines Nein zu diskutieren und zu beantworten
sein. Im Vorfeld wäre diese Frage zumindest dahingehend zu
öffnen, dass die weithin übliche fraglose Selbstverständlichkeit
des Fleischkonsums zugunsten einer fragwürdigen Notwendigkeit
aufzugeben ist, zumal hiermit - wenigstens im Hinblick auf die gängige
Massentierhaltung - auch ein sozialethisches Thema berührt
wird, da bekanntlich die mit der sog. „Fleischproduktion“
verbundenen Energieverluste mitverantwortlich sind für den
Hunger in vielen Ländern dieser Welt.
Auch Tierversuche im Rahmen medizinischer Forschung, sofern sie
überhaupt einen relevanten Erkenntnisgewinn ermöglichen,
können nach dem Kriterium der Notwendigkeit allenfalls dann
als ethisch legitim angesehen werden, wenn sie das einzige Mittel
sind, um mit sehr großer Wahrscheinlichkeit einen erheblichen
Erkenntniszugewinn zu erzielen und wenn das konkrete menschliche
Interesse an einer Erweiterung des medizinischen Wissens in einem
angemessenen Verhältnis zu den Einschränkungen und Leiden
steht, die dafür den Versuchstieren auferlegt werden müssen.
Auf zahlreiche Tierversuche treffen diese Kriterien nicht oder nur
sehr bedingt zu und können daher ethisch nicht akzeptiert werden.
Die letztgenannten Überlegungen stehen wohl am ehesten in
Konflikt mit pathozentrischen Entwürfen einer Tierethik, obzwar
sie moralisch weitaus restriktivere Urteile implizieren als dies
gemeinhin mit einem sog. anthropozentrischen Ansatz verbunden wird.
Eine relationale Anthropzentrik vermag zwar vielfältige pathozentrische
Elemente zu integrieren, die zugrunde liegende Differenz zwischen
Mensch und Tier unterscheidet sie aber von solchen Entwürfen,
die jedoch hinsichtlich konkreter ethischer Konfliktfelder auch
nicht zu einheitlichen Positionen gelangen.
Diese Differenz ist zugleich maßgeblich dafür verantwortlich,
dass der Rede von Tierrechten weithin reserviert begegnet wird.
Zwar wird nicht geleugnet, dass Tiere „irgendwie“ Rechte
in bezug auf Menschen haben und es z.B. durchaus sinnvoll ist, in
analoger Weise vom Recht der Tiere auf angemessene Ernährung
und Pflege, auf verhaltensgerechte Unterbringung und einen artgemäßen
Bewegungsraum zu sprechen. In diesem Sinn steht Tieren auch das
Recht zu, keine schweren und unnötigen Schmerzen zugefügt
zu bekommen.
Höchst umstritten scheint hingegen die Frage, ob und gegebenenfalls
wie Tiere Träger von (subjektiven) Rechten sein können.
Eine befriedigende Antwort würde eine differenzierte Rechtstheorie
voraussetzen. Zumeist wird kritisch darauf verwiesen, dass die Forderung
von Tierrechten im Gegensatz zum überlieferten Verständnis
und Begriff des Rechts steht, wenn nicht mehr der (herkömmliche)
Begriff der Person als Voraussetzung für die Fähigkeit,
Träger von Rechten zu sein, anerkannt wird. Die daraus resultierenden
unübersehbaren Probleme lassen es daher angezeigt erscheinen,
primär alles zu tun, die Stellung des Tieres im Recht adäquater
einzubeziehen, anstatt für (oder gegen) Tierrechte Stellung
zu beziehen.
Ich komme zum Schluss: Die theologische Perspektive der Differenzgemeinschaft
erfordert einen permanenten Balanceakt zwischen menschlicher Indienstnahme
und Achtung tierlichen Lebens. Sie verbietet jede moralische Selbstzufriedenheit,
vielmehr drängt sie zu erhöhter Verantwortung, die vor
allem auf eine Minimierung der Gewalt gegenüber den Tieren
drängt. Gerade das vierte Element des biblischen Schöpfungsglaubens,
die geschichtlich fortdauernde und endgeschichtlich erhoffte Zusage
Gottes, das vielfältige Leiden in der Schöpfung zu überwinden,
ist wenigstens für ChristInnen jenes Motivationspotential,
das Haltungen aus- und einprägt, die beständig dazu anspornen,
die Beziehungen zwischen Mensch und Tier einer möglichst optimalen
Gestaltung zuzuführen. Unumgänglich erweist sich die Haltung
der Ehrfurcht, denn sie „ermutigt alles zu sich selbst“
(R. Guardini), mithin mutet sie eine Ethik zu, die dieser Ermutigung
zu entsprechen vermag.
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