Melanie Bujok, SHAC
Kampagne gegen Europas größtes Tierversuchsauftragslabor
Huntingdon Life Sciences HLS
www.shac.net und www.shacgermany.net
Die SHAC-Kampagne - pro abolition
Wir haben auf diesem Tierrechtskongress oftmals die Frage diskutiert,
ob wir in unserer Tierrechtsarbeit aus taktischen Gründen den
reformistischen Weg - mit einer Politik der kleinen Schritte - gehen
sollen, oder aber den revolutionären, kompromisslosen und somit
aber auch konsequenten Weg, also abolitionists sein sollen. Ich
werde im Folgenden eine Kampagne gegen die Tierversuchsindustrie
vorstellen, die sich auch auf der praktischen Ebene ganz klar für
letzteren Weg ausspricht, nämlich für die Abschaffung
und Schließung Europas größten Tierversuchsauftragslabors
Huntingdon Life Sciences HLS.
Im November 1999 gründeten TierrechtlerInnen in England - z.T.
jene, die bereits in den Jahren zuvor erfolgreich die Regal Rabbit
Farm, die Consort Beaglezucht und die Hillgrove Katzenzucht durch
eine Kampagne geschlossen hatten - die Kampagne SHAC Stop Huntingdon
Animal Cruelty.
Huntingdon Life Sciences - 500 Tiere täglich
Die erste Frage, die sich bei einer Kampagnenplanung (s. Beitrag
über Campaigning) stellt, ist: Wer sind unsere GegnerInnen?
Wer ist also HLS und wer sind sonst noch unsere GegenspielerInnen
in dieser Kampagne?
Huntingdon Life Sciences HLS ist Europas größtes Tierversuchsauftragslabor,
d.h. der einzige Zweck dieses Unternehmens besteht darin, Versuche
an Tieren durchzuführen, Versuche, die Wirtschaftsunternehmen
aus dem Bereich Pharmazie, Chemie, Biotechnologie und anderen in
Auftrag geben. Es sind vor allem sogenannte Verträglichkeitstest,
die HLS durchführt, z.B. mit Pestiziden, Herbiziden, Lebensmittelfarbstoffen,
Haushaltsprodukten, genetisch veränderten Organismen.
Huntingdon Life Sciences HLS mit Testlaboren in England (Huntingdon
Research Center, Woolley Road, Alconbury in Cambridgeshire und Eye
Research Center, Occold, Eye in Suffolk) und den USA zählt
zu den größten Tierversuchslaboren weltweit.
70.000 Tiere - u.a. Hunde, Katzen, Affen, Vögel, Hasen, Fische,
Mäuse und sog. landwirtschaftliche Nutztiere - werden in den
Laboren gehalten,
500 Tiere sterben täglich in Versuchen.
Undercover Recherchen von britischen TierrechtlerInnen und JournalistInnen
in den Laboren von HLS in England und den USA haben die Grausamkeit
der Tierversuche an die Öffentlichkeit und die Öffentlichkeit
auf die Straße gebracht. Tierrechtlerinnen haben sich in die
Labore von HLS eingeschleust und dokumentierten die Gewalt gegen
Tiere in diesen Laboren.
71 Beagles konnten im November 1999 dieser Gewalt entkommen, als
sie aus den Zwingern des HLS's Beaglelieferanten Interfauna von
Tierrechtsaktivisten befreit wurden, 14 weitere aus dem HLS Labor
in New Jersey, USA, im April 2001.
Stop Huntingdon! SHAC wird aktiv
Im November 1999 gründete sich die Kampagne gegen HLS: SHAC
- Stop Huntingdon Animal Cruelty - mit dem Ziel, diese Tierversuchsfirma
zu schließen.
Das Zielobjekt der Kampagne ist ein Wirtschaftsunternehmen mit
weitreichenden Geschäftsbeziehungen. Wer heute noch glaubt,
eine Kampagne gegen ein Unternehmen gewinnen zu können, ohne
die ökonomischen Zusammenhänge, politischen Verflechtungen
und globalen Netzwerke mit berücksichtigen zu können,
der irrt. Maßgebliches Zielobjekt der Kampagne sind freilich
die Labore von HLS. Diese Labore funktionieren jedoch nur durch
die Geschäftsbeziehungen, die HLS zu anderen Unternehmen tätigt,
konkret: durch diejenigen Unternehmen, die HLS mit Tieren beliefern,
durch diejenigen Unternehmen, die bei HLS Versuche in Auftrag geben,
durch diejenigen politischen Instanzen, die Tierversuche gesetzlich
im Bereich des Verbraucherschutzes, des Gesundheitsschutzes und
des Umweltschutzes u.a. vorschreiben, durch diejenigen Unternehmen,
die HLS ein Bankkonto, Kredite, Versicherungsschutz, Internetzugang
etc. geben, durch diejenigen Vereinigungen u.ä., die HLS zu
Konferenzen einladen usw.
HLS befand sich bereits mehrfach im wirtschaftlichen Aus nach den
zahlreichen Protesten der britischen TierrechtlerInnen. Letztlich
sank die HLS-Aktie auf einen Penny. Immer wieder erhielt HLS jedoch
Unterstützung durch die Wirtschaft und durch die britische
Regierung. Diese wissen um die Bedeutung der Kampagne. Wenn HLS
geschlossen wird, bedeutet dies einen weiteren Erfolg - und den
größten bisherigen Erfolg - der Tierrechtsbewegung gegen
die Tierversuchsindustrie.
Gegen HLS und gegen die gesamte Tierversuchsindustrie
Lasst uns HLS stoppen und wir stoppen die Tierversuchsindustrie!
Im weiteren Sinne stimmt diese Aussage, nämlich dann, wenn
die SHAC-Kampagne Nachfolgerkampagnen findet (derzeit läuft
u.a. bereits in Holland eine Kampagne gegen BPRC (Affenlabor), in
Schweden gegen Wema (Beaglezucht) und der BRD wird nach Beendigung
der SHAC-Kampagne gegen Covance (Tierversuchsauftragslabor) vorgegangen).
Die SHAC-Kampagne konzentriert sich aus strategischen Gründen
auf HLS und sein Umfeld, sie ist jedoch eine Kampagne gegen die
gesamte Tierversuchsindustrie. KundInnen von HLS wie Bayer, Aventis,
Novartis, Pharmacia, Monsanto, Dow sind selbst Akteure in der Tierversuchsindustrie,
führen teilweise selbst Tierversuche durch. Sie spannen das
soziale Umfeld auf, in dem sich unsere Kampagne und unsere Aktionen
bewegen müssen.
Die GeschäftspartnerInnen von HLS sind fast ausnahmslos Global
Players, also müssen wir ebenfalls global organisiert sein.
Die Verantwortlichen für die Tierausbeutung in den Laboren
von HLS sitzen in allen Ländern, weltweit. Wir haben ihnen
mit Protest geantwortet, weltweit: mit SHAC UK, SHAC Irland, SHAC
USA, SHAC Neuseeland, SHAC Frankreich, SHAC Portugal, SHAC Italien,
SHAC Tschechei, SHAC Holland, SHAC Deutschland und SHAC Österreich.
No business mit HLS
Die Aktionen sind appellativ und demonstrativ aber auch koerziv
und direkt. Wirtschaftsorganisationen arbeiten nach einer eigenen
Systemlogik. Sie kommunizieren mit dem Code Gewinn/Verlust, ihr
Kommunikationsmittel ist das Geld. Nur auf dieser Ebene kann eine
Kampagne wiederum dann mit diesen kommunizieren - einen ethischen
Code Recht/Unrecht bzw. Gerechtigkeit/Ungerechtigkeit verstehen
Wirtschaftsunternehmen nicht. Effektiv gegen Wirtschaftsunternehmen
zu campaignen heißt, ihren Gewinn zu reduzieren, Tierausbeutung
muss ihnen Kosten verursachen, ökonomische Kosten wie soziale
Kosten.
Aktionen des zivilen Ungehorsams, wie Go-ins, Blockade- und Ankettaktionen,
virtuelle Sit-ins und Telefon- und Faxaktionen verursachen Kosten,
stören den normalen Geschäftsablauf des Unternehmens,
verengen seinen Handlungsspielraum. Neben Demonstrationen bei den
beiden Laboren von HLS richten sich die Proteste auch an die AktienhalterInnen
von HLS (teilweise Privatpersonen, teilweise Firmen), BörsenmarklerInnen,
Banken, Versicherungen und v.a. TierzüchterInnen und KundInnen
von HLS, den AuftraggeberInnen der Tierversuche. Mitverdienen, mitmachen
bedeutet mit am Tierleid verantwortlich zu sein. Der Wirtschaftsliberalismus
muss dort seine Grenzen finden, wo die Freiheit anderer maßgeblich
eingeschränkt und deren Leben und Unversehrtheit angegriffen
wird. Für die AktivistInnen heißt dies oftmals, vor oder
in Büroräumen zu demonstrieren, weit entfernt von den
Opfern von HLS, den Laboren. Doch nicht die physische Nähe
zu den Tieren zählt, sondern die emotionale. Auch wenn z.B.
bei dem Wirtschaftsberater von HLS Marsh kein gequältes Tier
zu sehen ist, so ist Marsh mit dafür verantwortlich, dass bei
HLS Tiere gequält werden. Und aus diesem Grund ist der Protest
gegen Marsh unverzichtbar.
Repressionen gegen SHAC
Die SHAC-Aktionen bleiben nicht ohne Gegenmaßnahmen. Die
Wirtschaft reagiert über die Wirtschaftsschutzorganisationen
Polizei, Justiz und Geheimdienste mit teils massiver Repression.
Mehrere AktivistInnen in Großbritannien und den USA wurden
bereits vor Gericht gestellt, einige von ihnen zu Haftstrafen (!)
verurteilt (eine Gefangenenliste befindet sich auf unserer Website).
Die Financial Times schrieb über SHAC:
"Eine winzig kleine Gruppe von Aktivisten hat dort Erfolg,
wo Karl Marx, die Baader-Meinhof Bande und die Roten Brigaden scheiterten."
Mit diesem Satz verrät die Wirtschaft mehr, als es ihr lieb
sein dürfte: Wenn wir es schaffen, HLS zu schließen,
haben wir nicht nur ein Unternehmen geschlossen. Wir haben dann
allen AusbeuterInnen - insbesondere den TierausbeuterInnen - gezeigt,
dass wir ihrer Gewalt etwas entgegenzusetzen haben und dass wir
uns ihnen entgegensetzen werden - nicht ohnmächtig und resignierend,
sondern innovativ, flexibel, powerful, strategisch bedacht und global.
Ich hoffe, mit Eurer Hilfe.
Melanie Bujok
SHAC Deutschland
Internet: www.shacgermany.net,
Email: info@shacgermany.net
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