Tierversuche - Strategien und Methodik
(Hinweis: Im folgenden Text wurde an manchen Stellen
(dem einfachen Verständnis halber) die unisex-Endung weggelassen.
Das soll in keiner Weise diskriminieren oder pauschalisieren. Wir
sind jedoch der Meinung dass dadurch ein ohnehin schon komplizierter
Text nur noch schwieriger zu verstehen wäre. Folglich sind
im folgenden mit Berufsgruppenbezeichnungen u.ä. immer Frauen
und Männer gemeint, sofern dies nicht anders bezeichnet ist)
Tierversuche scheinen - anders als die anderen Formen der Tierausbeutung
- nicht alleine durch einen Boykott abschaffbar zu sein.
Mehr als anderswo ist hier die Auseinandersetzung mit den Verantwortlichen
und den Ausführenden zu suchen.
Hier ist es zweifellos oberstes Gebot sich nicht als dogmatischeR
FundamentalistIn entblößen zu lassen, sondern dem gegenüber
mit gleichwertigen wissenschaftlichen Argumenten zu entgegnen.
Es hat sich allerdings anscheinend etabliert, wie auch in den Diskussionen
um Veganismus, hier mit einer falschen Taktik oder gar falschen
Argumenten aufzuwarten.
Während man bei ProVeganismus VertreterInnen oft das Argument
zu hören bekommt, dass Veganismus ohnehin die gesündere
Ernährungsform sei, ungeachtet dessen, dass es doch wohl immer
auf die Vollwertigkeit der Nahrung ankommt, sei's jetzt mit Fleisch,
Milch oder Eiern, oder ohne.
So lassen sich in TV-Debatten oft Behauptungen seitens der TV-GegnerInnen
vernehmen, die anscheinend felsenfest davon überzeugt sind,
dass jeder TV irreführend sein muss.
Es ist mein Anliegen diesen gefährlichen Irrglauben zu widerlegen:
Oft wird argumentiert, dass die Übertragbarkeit nicht gegeben
sei, insbesondere von einer Spezies auf die andere.
Dies Argument stimmt grundsätzlich zweifellos, jedoch ist die
Übertragbarkeit die in diesem "Argument" gemeint
ist, nirgendwo zu finden.
Kein ernstzunehmender Wissenschafter ist so blöd, anzunehmen,
dass wenn bspw. in einem Toxizitätstest 50% der Versuchstiere
sterben dann auch bei derselben Äquivalentdosis 50% der Menschen
ihr leben lassen werden.
Es sind verschieden wissenschaftliche Gründe warum dieser (unwissenschaftliche)
Kurzschluss nicht zulässig ist:
Von der Anatomie des Versuchstieres, über die Haltungsbedingungen
desselbigen, bis zur Anatomie des Menschen und dessen physischen
und psychischen Umgebungsparametern sind so viele unbekannte Größen
integriert, dass ein 1:1 Schluss in der Tat mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit zu falschen Voraussagen führt!
Fakt ist - und das ist auch Stand der Wissenschaft - dass man als
Ergebnis unter Miteinbeziehung aller bekannten Faktoren eine statistische
Wahrscheinlichkeit erhält wie sich die Testsubtanz nun beim
Menschen auswirken könnte.
Weiters sei gesagt, dass man sich keinesfalls von TV genau nur
diese eine Voraussage erhofft. Vielmehr erwarten sich die Wissenschafter
neuen Erkenntnisgewinn, über theoretisch oder anderweitig oft
noch unzugängliche Vorgänge im tierischen (also auch menschlichen)
Organismus.
Zu Recht, wie ich meine.
Das Argument der unzulässigen Übertragbarkeit ist im
übrigen auch von vornherein schon entkräftet, wenn man
bspw. TV für Tiere selbst durchführt, also zB krebsinfizierte
Affen versucht zu heilen, um daraus Erkenntnis zu gewinnen wie andere
krebskranke Affen derselben Gattung geheilt werden könnten.
Selbiges gilt ja auch für die sog. klinischen Studien an freiwilligen
menschlichen Testpersonen die ein jeder Wirkstoff am Ende seiner
Entwicklungszeit durchmachen muss.
Da auf einmal haben wir - welch Überraschung - plötzlich
vertrauen in dieselbigen Übertragungsmechanismen die hier vom
Menschen Herrn Huber auf Frau Maier angewandt werden.
Ebenfalls zu Recht. Allerdings mit dem immerwährenden Wissen,
dass es sich immer um eine Wahrscheinlichkeit, niemals um eine Garantie
handeln kann.
Dasselbe Vertrauen in dieselben Methoden bringen wir im übrigen
auch allen anderen Bereichen der Wissenschaft entgegen:
Kein Flugzeug hebt ab, ohne dass vorher ein MODELL, das nur aus
Bits und Bytes bestand, erfolgreich getestet wurde.
Nahezu jede Entwicklung wird an einem oft stark abstrahierten Modell
durchgeführt um dann verallgemeinert zu werden.
Alles was wir nicht vollständig theoretisch verstehen (vom
Nanokosmos bis zum Universum) wird - wissenschaftlich akzeptiert
- durch Experimente an Modellen erforscht.
Und selbstverständlich sind sich die Forscher und Forscherinnen
idR sehr wohl bewusst welche Vereinfachungen nun das Modell von
der Realität unterscheiden und können dies auch in ihrer
Theorie berücksichtigen.
Folglich ist es wissenschaftlich einwandfrei, zu untersuchen was
z.B. in der Leber einer Maus passiert, wenn dieser oder jener Wirkstoff
auf diese oder jene Art verabreicht wird.
Wer hier etwas einwendet, muss auch mit denselben Argumenten jedes
Ergebnis aus klinischen -Studien verwerfen und könnte sich
demzufolge niemals vertrauensselig in die Obhut eines Arztes begeben.
Es ist wohl auch unbestritten, dass es ziemlich gleichgültig
ist, ob nun ein angehender Humanmediziner eine OP an einem schweinernen
Hüftgelenk "übt", oder an einem anderen Tier
mit (menschen)ähnlicher Anatomie.
Noch offensichtlicher ist hier wieder der Widerspruch in der Veterinärmedizin.
Wo - wissenschaftlich zu Recht - OP-Techniken für andere Tiere
an jenen Tieren durchgeführt werden.
Und schließlich noch eine Mannigfaltigkeit an Tierversuchen
die deklariert nicht zum "Wohle des Menschen" durchgeführt
wird, sondern nur der Befriedigung der Neugier verrückter WissenschafterInnen
dient!
Gegen ebendiese ist die "mangelnde Übertragbarkeit"
ebenso kein Argument, wie gegen TV im Bereich der universitären
Lehre.
Ich wollte mit dieser Kritik an den eigenen Reihen nur erreichen,
dass wir TierversuchgegnerInnen uns nicht bloßstellen lassen
können.
Denn in Wahrheit gebrauchen wir ja oben widerlegtes Argument ja
nur als Propagandawaffe gegen Tierversuche. Doch warum können
wir nicht - viel einfacher, als uns auf eine ungleiche Diskussion
mit einem "Fachmann" einzulassen - dabei bleiben, worum
es uns einfach geht:
Unfreiwillige Tierversuche sind prinzipiell abzulehnen, aus denselben
ethischen Gründen wie auch unfreiwillige Menschenversuch abzulehnen
sind!
Dieses Bewusstsein, dass Tiere ebenso ein Recht auf ihr eigenes
Leben hat, das uns auch alle vegan leben lässt, reicht vollständig
aus, um jeden wissenschaftlichen Rechtfertigungsversuch zu entkräften.
Denn - immer noch - hat die Ethik über der Wissenschaft zu
stehen.
Unsere Motive sind rein ethisch und das reicht!
Ja selbst, was wenn TV 1:1 übertragbar wären?
WÄREN WIR DANN DAFÜR???
Daher ist die einzig vernünftige und zulässige Argumentation
die ethische!
Bevor wir uns in einer wohl ewigen Debatte über das maximale
Wohlergehen des Menschen, alternativen Forschungsmethoden und
..
verlieren, müssen wir einfach klarstellen, dass es uns endlich
darum geht ein ungerechtfertigtes Unterdrückungsverhältnis
zu beenden. Und der utilitaristische Antropozentrismus, dass TV
nun möglicherweise oder nicht dem Menschen nützen ist
dafür sowieso keine moralisch zulässige Rechtfertigung.
(Warum Tiere Rechte haben ist wohl hier nicht mehr meine Aufgabe
darzulegen.)
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