Romana Rathmanner, "Der irrtümliche und
missbräuchliche Gebrauch des Begriffes „Alternativmethode“
bzw. „Ersatzmethode“ zum Tierversuch."
Eine der zentralen Forderungen des Internationalen Bundes der Tierversuchsgegner
(IBT) ist die staatliche Förderung der Forschung nach Alternativ-
bzw. Ersatzmethoden, bzw. um Missverständnisse zu vermeiden,
von tierversuchsfreien Methoden.
Man kann beobachten, dass die Forschung nach Alternativmethoden
ausgerechnet von den Leuten betrieben wird, die bislang Tierversuche
gemacht haben bzw. in der Regel parallel dazu noch immer Tag für
Tag Tierversuche machen. Wissenschafter, bestimmte Disziplinen,
die bislang ohne Tierversuche ausgekommen sind, sehen offenbar auch
keinen Bedarf nach Alternativen zu forschen.
Nun ist es in der Praxis sicherlich so, das müssen auch wir
TierversuchsgegnerInnen zur Kenntnis nehmen, dass nicht immer ein
bestimmter Tierversuch, z.B. der akute Toxizitätstest, auf
Anhieb 1:1 durch eine alternative Methode ersetzt werden kann. Aus
dieser Situation, man möchte sagen, aus diesem Dilemma heraus,
wurde die drei R-Philosophie bzw. –Strategie entwickelt, worunter
Verfahren zu verstehen sind, die es ermöglichen, dass Tierversuche
reduced, refined und replaced, also verringert, verfeinert und ersetzt
werden.
Darüber hinaus gelingt es den Vertretern der drei R-Philosphie,
diese 3-R-Verfahren dem Gesetzgeber als Alternativen zum Tierversuch
unterzujubeln. Auf diese Weise werden nun Projekte, ja sogar Staatspreise
zur Förderung von Alternativen zum Tierversuch vergeben, obwohl
sehr wohl Tiere – allerdings im Sinne der drei Rs - hierfür
„verbraucht“ werden.
Auch der Öffentlichkeit und selbst uns TierversuchsgegnerInnen
lassen sich derartige Verfahren als Alternativen verkaufen. So wurde
jüngst verkündet und unkritisch auch von der Tierschutzseite
übernommen, dass die OECD vier Alternativen für die weltweite
behördliche Prüfung akzeptiert habe. Darunter eine Methode
zur Prüfung von Substanzen auf Ätzwirkung an der Haut
(TG 430 „skin corrosion testing: TER“). Und wenn man
sich dann die Mühe macht, den entsprechenden Gesetzestext auszuheben,
fühlt man sich echt betrogen, denn dieser Test wird an Rattenhäuten
durchgeführt; zur „Herstellung der Hautstücke“
werden Jungratten verwendet, die vorher eigens „tierschutzgerecht
getötet“ wurden. Für jede Testsubstanz werden drei
Hautstücke verwendet.
In der Kosmetikrichtlinie werden derzeit unter „alternative
Versuchsmethoden“, noch jene verstanden, bei denen überhaupt
keine Tiere verwendet werden. Nun fordert der Rat (Gemeinsamer Standpunkt
des Rates vom 14. Februar 2002, Abs. 3 b) die Einfügung folgender
Begriffsdefinition:
„alternative Versuchsmethode“: eine Methode, bei der
keine Tiere verwendet werden, oder, wenn dies nicht möglich
ist, eine Methode, bei der sich die Zahl der verwendeten Tiere deutlich
reduziert, oder eine Methode, bei der das Leiden der Tiere deutlich
verringert wird.“
Weiters hat der Wirtschafts- und Sozialausschuss im EU-Parlament
jüngst in einer Stellungnahme angeregt, dass die EU-Tierversuchsrichtlinie,
insbesondere die darin enthaltenen „Begriffsbestimmungen überarbeitet
werden“ müssten.
Wie man also sieht, lassen sich die EU-Gremien von der Verschleierungsstrategie
der 3-R-Vertreter einwickeln, durchaus im guten Glauben, dass damit
tatsächlich Tiere und Leiden verringert werden können.
Doch diese Annahme ist in vielfacher Hinsicht trügerisch und
es wird unsere Aufgabe sein, dem Gesetzgeber und der Öffentlichkeit
dies zu verdeutlichen.
Damit wir – aber letztlich die Tiere- den 3-R-Strategen nicht
auf den Leim gehen, muss als erster Schritt eine saubere Definitionstrennung
der Begriffe vorgenommen werden. Wir selber sprechen nicht mehr
von Alternativ- und Ersatz- oder Ergänzungsmethoden, sondern
um jegliches Missverständnis auszuschließen, sei es in
der alltäglichen Rede oder in Gesetzestexten, nur mehr von
tierversuchsfreien Verfahren und Methoden.
Als nächster Schritt muss aufgezeigt werden, dass durch die
Förderung und gesetzliche Verankerung der 3-R-Vefahren unter
dem Deckmantel von Alternativen, lediglich die Tierversuche weiterhin
gefördert werden und sich damit diese „Methode“
weiterhin fortschreibt, anstatt dass ihr endgültig ein Riegel
vorgeschoben wird.
Wir möchten damit nicht die Berechtigung von 3-R-Verfahren
in Abrede stellen, sondern ihnen einfach den ihnen angemessen Platz
zuweisen: reduce- und refine-Methoden beinhalten Tierversuche und
stellen somit weder eine Alternative noch einen Ersatz zum Tierversuch
dar und sind somit auch nicht unter dem Titel der Förderung
von Alternativen zu subventionieren.
Nur replace-Methoden, also echte tierversuchsfreie Methoden sind
mit öffentlichen Geldern zu fördern und mit Preisen zu
versehen.
Romana Rathmanner
|