Haustierernährung
Mag. Nadja Ziegler
1) Zahlen und Fakten:
Wie auch in in der menschlichen Ernährung hat der Konsum
von Fertignahrung für Heimtiere in den letzten 25 Jahren
um 50% bis über 80% zugenommen (Schär-Manzoli, 96).
In Österreich vertilgen rund 800.000 Hunde
und 1,5 Mio Katzen ca. 113.000 Tonnen Fertigfutter. 243 Millionen
Euro gaben die österreichischen Tierbesitzer im Jahr 2001 dafür
aus. (Zahlen aus Mikrozensus Untersuchungen 2001).
In Deutschland: ca. 7 Mio Katzen, Umsatz mit Katzenfutter:
über eine Milliarde Euro (2002).
In den USA (J.A. Peden,1999): 55 Mio Hunde, 70
Mio Katzen.
Fertignahrung ist einfach und zeitsparend. Doch mit ihrer Herstellung
sind weitreichende Problematiken verbunden, die keinem denkenden
Menschen gleichgültig sein können.
Problemkreise in Zusammenhang mit herkömmlicher Fertignahrung
für Hund und Katze:
- Massentierhaltung (Haltung, Ernährung, Transport, Schlachtung).
- Tierversuche (für die Genehmigung neuer Futtermittel).
- Fragwürdige Qualität („tierische Nebenerzeugnisse“,
Aromastoffe, etc.)
- Konsumentenschutz (unzureichende Deklaration, hoher Preis)
- Verpackung (Weißblechdosen, Aluminium)
- Gesundheit der Heimtiere (Futtermittelallergien, ernährungsbedingte
Erkrankungen).
Ad 1+2) Diese Bereiche werden im Rahmen des Tierrechtskongresses
eingehend behandelt, ich beschränke mich bei diesem Arbeitskreis
daher auf Erläuterungen der Bereiche 3+4.
Allerdings möchte ich eine Undercover-Recherche der internationalen
Tierrechtsorganisation PETA (People for the Ethical Treatment of
Animals) nicht unerwähnt lassen, die folgendes ergab:
Undercover-Videobeweise, die jetzt veröffentlicht wurden, zeigen
nach Aussage von PETA Hunde in einem zu Procter & Gamble (P&G)
gehörigen IAMS-Vertragslabor, die schmerzhafte
Operationen erleiden, sowie verängstigte Hunde und Katzen,
die in kahlen, dunklen Käfigen gehalten werden. Bereits im
September 2001 hätten sich laut PETA Führungskräfte
von IAMS und P&G mit PETA getroffen, um die Sorgen von Kunden
über tödliche Versuche und die schlechte Haltung der "Versuchs"tiere
bei IAMS zu diskutieren. Trotzdem, so PETAs jüngste Ermittlungen,
seien in einem IAMS-Labor mindestens 27 Hunde getötet worden,
weitere starben an Krankheiten, die nicht behandelt wurden.
Obwohl IAMS bereits 2001 versprach, die Tierpflegestandards in seinen
Labors zu verbessern und den Tieren Möglichkeiten zur Bewegung,
zum Rückzug, Kontakt zu Artgenossen, natürliches Licht
und Spielzeug schaffen wollte, fand PETAs Ermittler folgendes vor:
Hunde und Katzen, die in kleine, kahle Käfige eingesperrt
waren, manche von ihnen seit bereits sechs Jahren.
Hunde, denen die Stimmbänder chirurgisch durchtrennt worden
waren, damit sie nicht bellen konnten.
Hunde mit unbehandelten Ohrinfektionen, verfaulten Zähnen und
verletzten Pfoten vom Leben auf Käfigdrahtboden und vom Liegen
auf kaltem Zement.
Tiere, die in den kargen Käfigen keine Schlafmöglichkeiten
haben und keine Möglichkeit, dem feuchten Zementboden auszuweichen.
Tiere, die beim Säubern des Käfigs rücksichtslos
mit dem Wasserschlauch abgespritzt wurden.
Verängstigte, verhaltensgestörte Tiere, die in ihren Käfigen
kauerten.
Extreme Hitze und Feuchtigkeit in den Käfigen während
der Sommermonate und Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt im Winter.
Zitat: Harald Ullmann, 2. Vorsitzender
der Tierrechtsorganisation PETA-Deutschland e.V.: "Die Bilder
der glücklichen Tiere in der IAMS-Werbung stimmen mit denen
der traurigen, einsamen Tiere in den IAMS-Labors nicht überein.
Es ist ein Skandal wenn Hunde und Katzen für die Herstellung
von Tierfutter leiden müssen."
3 + 4) Qualität – Inhaltsstoffe - Konsumentenschutz
Es ist für den Käufer unmöglich, die Qualität
eines herkömmlichen Fertigfuttermittels zu beurteilen:
Kennzeichnung von Futtermitteln für Heimtiere:
es wird nur eine Gruppen-bezeichnung praktiziert, die wie folgt
lautet:
„Fleisch und tierische Nebenerzeugnisse“.
Das heißt: „Alle Fleischteile geschlachteter warmblütiger
Landtiere, frisch oder durch geeignete Verfahren haltbar gemacht,
sowie alle Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse aus der Verarbeitung
von Tierkörpern (Fleischmehl etc.) oder von Teilen von Tierkörpern
(Tierfett) warmblütiger Landtiere.“
Was bedeutet daher "mit Geflügel"?
Lt. Futtermittelverordnung müssen nur mind. vier Prozent
Geflügelprodukte enthalten sein. „Geflügel ist nicht
nur Muskelfleisch von Rücken, Bauch, Brust und Beinen, sondern
auch alles andere wie Binde- und Sehnengewebe, Schleimhaut, Schwarte
sowie Fettgewebe“ (Wenzel, 2002).
"Tierische Nebenerzeugnisse":
können so ziemlich alles sein: Därme, Lunge, Euter oder
fleischige Stücke mit viel Bindegewebe und Knorpel.
Qualitätsaspekt: minderwertiges Eiweiß,
das vom Organismus nur schwer verwertet werden kann. Geringerer
Nährwert.
Ethischer Aspekt: verschiedenste Tiere verschiedenster
Herkunft, mitunter sogar – zumindest in der Vergangenheit
– Heimtiere, wie Hund und Katze.
Bsp.: (J. A. Peden, 1999): 1984 wurden in den
USA ca. 30 Mio. Haustiere eingeschläfert (bzw. getötet)
– dies führte zu einem Entsorgungsproblem von 600.000
Tonnen Kadavern. Mülldeponien und Verbrennungsanlagen weigerten
sich zusehens, Tierkadaver anzunehmen, also wurden sie billigst
von Fleischverarbeitungsbetrieben gekauft, zerhackt und zermahlen
und mit anderen tierischen Abfällen von Schlachthäusern
vermischt und an Tierfutterhersteller verkauft.
Aufgrund zahlreicher Skandale, Proteste und v.a. der BSE Problematik
haben sich einige Futterhersteller verpflichtet, kein Risikomaterial
– Rückenmark und Gehirn – zu verarbeiten, sowie
nur Schlachtabfälle zu verwenden – also Material von
Tieren, die auch für den menschlichen Verzehr bestimmt sind.
Von Tieren, die in Tierkörper-Beseitigungsanstalten entsorgt
werden, wird angeblich kein Fleisch beziehungsweise Tiermehl mehr
verwendet.
Dennoch: Eine Untersuchung verschiedener herkömmlicher Fertig-Katzenfuttermittel
an der Tierärztlichen Hochschule Hannover ergab:
Prof. S. Wenzel: „Bei der histologischen Untersuchung zeigte
sich, dass bei allem, was wir dort an Gewebe gefunden haben, die
Muskulatur immer in der Minderheit war“.
Zumeist – und zwar auch bei teureren Markenprodukten –
bestehen die „saftigen Brocken“ aus Formfleisch,
einer Brätmasse, die aus stark zerkleinertem Fleisch hergestellt
wird, das – wenn überhaupt – nur zu geringem Anteil
Muskelfleisch enthält. Formfleisch hat eine fleischwurstähnliche
Konsistenz und weist überhaupt keine Faserstruktur wie Muskelfleisch
auf.
Bei dem unter dem Markennamen Sheba angebotenen
„Ragout“ handelt es sich bei den Stückchen um Formfleisch,
wie die Wissenschaftler feststellten, und nicht um edle, einzelne
Fleischstückchen.
Beim Dosenfutter wären Qualitätsstufen erkennbar, wenn
Detailkennzeichnungen Aussagen aus der Art und Menge der verwendeten
Muskulatur – Fleisch im engeren Sinne – machen würden.
Prof. S. Wenzel:„Mir wäre es lieber, wenn drauf stehen
würde: Muskulatur 40 Prozent (der Fleischanteil), 30 Prozent
Leber, 10 Prozent Lunge, 3 Prozent Niere usw. Das wäre eine
offene Deklaration. Aber diese offene Deklaration wird in der Tiernahrungswirtschaft
nicht praktiziert, weil sie auch nicht rechtlich vorgeschrieben
ist.“
Wieviel wovon?
Die Reihenfolge der Zutaten ergibt sich aus den Gewichtsanteilen.
Aber aufgepasst!
Bei der Dosennahrung werden die Fleischanteile in der Regel ungetrocknet
eingewogen, der Wasseranteil ist also relativ hoch. Pflanzliche
Anteile wie Soja oder Mais werden in der Regel getrocknet eingewogen.
Abzüglich der Wasseranteile und bezogen auf die Trockenmasse
könnte der Fleischgehalt dann durchaus geringer als der pflanzliche
Anteil sein. Wer es genau wissen will, muss rechnen …
Auswege aus der Krise:
Selber kochen als 1. Schritt zu einem reflektiertem
Umgang mit dem Thema.
- gesünder
- kostengünstiger
- überschaubar
2. Schritt:
Verwendung von Produkten ausschließlich aus biologischer
Landwirtschaft.
3. Schritt:
Vegetarische und vegane Ernährung auch von
Hunden und Katzen.
1) Hunde:
Die vegetarische Ernährung von Hunden ist bereits
erprobt und funktioniert in der Regel problemlos (die Zugabe von
Mineralstoffmischungen ist notwendig).
Zu diesem Thema hat PETA eine Studie in den USA durchgeführt:
300 vegetarisch bzw. vegan ernährten Hunden (verschiedenses
Alter, Rassen, männl, weibl.) ergab positive gesundheitliche
Auswirkungen einer vegetarischen und besonders auch einer veganen
Ernährung (siehe dazu auch: http://www.vegetarismus.ch/peta/hunde.htm).
Einziges Manko: Es gabe keine Kontrollgruppe fleischfressender
Hunde.
Abgesehen von der Möglichkeit, selbst zu kochen, bietet
mittlerweile auch der Handel verschiedene vegetarische und vegane
Hundefutter an, erwähnt seien die Marken „Yarrah“,
„Ami Dog“, Alsa und Bello’s Crunchy.
2) Katzen:
Ähnliche Studien an Katzen sind noch ausständig.
Hier ist eine Umstellung aufgrund der starken Futterprägung
von Katzen nicht so einfach. Wichtig ist auch die Beimengung von
Taurin, Vitamin A und Arachidonsäure zum Futter, sonst läuft
die Katze Gefahr zu erblinden oder am Herzen zu erkanken.
Das neue Trockenfutter „Ami Cat“ wird nach ersten
Rückmeldungen sehr gut von den Katzen angenommen. Es ist
vegan und hat Prüfsiegel von Tierschutz- sowie Tierrechtsorganisationen.
Es bleiben generelle Fragen:
Wieviele Heimtiere verträgt unser Planet?
Welches Recht nehmen wir uns heraus, unseren Heimtieren unsere
Lebensweise mit allen Konsequenzen aufzuzwingen – dazu gehört
auch vegane od. vegetarische Ernährung von Hund und v.a. Katze.
Welche Rechte gestehen wir unseren Heimtieren letztendlich zu?
Mag. Nadja Ziegler
Tierisch gute Sachen
Wiens 1. Bioladen für Tiere
1090 Wien, Althanstr. 29-31
www.tierischgutesachen.at
Quellen:
1) PETA Studie "Schlimme Tierversuche für Katzen- und
Hundefutter!"
PETA-Ermittler: IAMS quält Hunde und Katzen
2) „Studie über den Gesundheitszustand vegetarisch ernährter
Hunde“
Diese Studie kann im Original
(Englisch) bei der PETA abgerufen werden.
Siehe auch: Fleischlose
Kost für Hund und Katze
URL: http://www.vegetarismus.ch/peta/hunde.htm
3) Studie: „Katzenfutter im Test“ Im Auftrag der Sendung
„Tiere suchen ein Zuhause“ (ausgestrahlt: 17. Februar
2002 von Mona Bahnassawy): Studie der Tierärztlichen Hochschule
Hannover (Institut für Lebensmittelkunde, Fleischhygiene und
–technologie) – Prof. Siegfried Wenzel.
4) „Kein Katzenjammer“ – 20 Katzenfutter im Test;
Ökotest Magazin 11/2003.
5) Vegetarische Hunde- und Katzenernährung (Peden, J.A., 2003).
Echo-Verlag.
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