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VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN
Vegane Gesellschaft Österreich

 

Alternativmethode versus tierversuchsfreie und tierfreie Methode im Spannungsfeld von Theorie und Praxis

Romana Rathmanner

 

Von drei Beispielen ausgehend, wird der Frage nachgegangen, inwieweit es sich bei einer angepriesenen Alternativmethode tatsächlich um eine tierversuchfreie und tierfreie Methode handelt und ob man Alternativmethoden im Sinne der drei R´s unterstützen kann, ohne damit dem Tierversuch zu einer ungewollten Reputation zu verhelfen und ohne den Eindruck zu erwecken bzw. sogar zu verstärken, dass es sich beim Tierversuch um eine wissenschaftlich seriöse Methode handeln könnte.

Der Tierversuchslobby ist es gelungen, die Bezeichnung „Alternativmethode“ verharmlosend in ihrem Sinn zu verbreiten. Es werden darunter nicht nur Verfahren, die Tierversuche ersetzen, bezeichnet, sondern kurioserweise auch Verfahren, bei denen es lediglich zu einer Reduzierung und Verfeinerung von Tierversuchen kommt – bekannt als die drei R´s: replace – ersetzen, reduce – reduzieren und refine – verfeinern. Eine äußerst problematische Definition, die von uns TierversuchsgegnerInnen abgelehnt wird,

  1. weil diese Definition verwirrend ist, Tatsachen verschleiernd wirkt und die (Selbst-) Täuschung fördert.
  2. Können wir TierversuchsgegerInnen nicht für zusätzliche Tierversuche eintreten, zu der es unweigerlich bei der Entwicklung von „Alternativmethoden“ im Sinne der drei R´s kommt, die
  3. darüber hinaus mit den geringen Forschungsmitteln finanziert werden, die für die Alternativforschung zu Verfügung stehen. So nimmt es nicht wunder, dass es trotz nun jahrelanger vermehrter Förderung, Entwicklung und verstärktem Einsatz von Alternativmethoden nicht zu einer Verringerung von Tierversuchen gekommen ist, sondern, ganz im Gegenteil, die Tierversuche in den letzten Jahren, EU-weit, enorm angestiegen sind. Und
  4. wird durch das Festhalten an den drei R´s der Tierversuch als wissenschaftliche Methode überhaupt nicht kritisch hinterfragt, sondern mit all seinen negativen Folgen auch für Mensch und Umwelt weiter zementiert.

Trotz dieser Absage an die etablierte Alternativforschung mit ihren drei R´s, ist es nicht leicht bzw. ist es für mich nicht leicht, in der Praxis eine ebenso entschiedene Haltung einzunehmen. Und diese Problematik soll im folgenden anhand von drei Beispielen

a) dem Fischtest

b) dem Pyrogentest und

c) von Zellkulturen dargelegt werden.

Ad a) In Deutschland wird seit Anfang 2004 der Fischtest oder auch Goldorfen-Fischtest genannt, der zur Ermittlung der Giftigkeit von Abwässern und der Höhe der Abwassergebühren eingesetzt wird, und bei dem stets zahlreiche Fische elendiglich sterben, durch den Fischei-Test, der als tierschutzgerechte Alternative bezeichnet wird, ersetzt. Deutsche TierversuchsgegnerInnen haben sich jahrelang dafür engagiert und dies als Erfolg gefeiert. In Österreich werden ebenso Fischtests – auch zur Ermittlung der Giftigkeit der Abwässer – durchgeführt. Sollen wir uns nun auch für den Einsatz des Fischei-Tests stark machen?

Der Fischei-Test stellt ein klassisches Beispiel einer Alternativmethode dar, die zur Verringerung und Verfeinerung von Tierversuchen beiträgt. Aber sehr wohl werden hierfür weiterhin - wenn voraussichtlich auch weit weniger – Versuchsfische und deren Eier verwendet. Die frisch befruchteten Eier des Zebrabärblings, der hierfür in Aquarien gezüchtet wird, werden über zwei Tage mit dem Abwasser in Kontakt gebracht und danach werden unter dem Mikroskop die frühesten Entwicklungsstadien untersucht und ausgewertet.

Manche lehnen den Fischei-Test aus Tierrechtsgründen ab. Manche sind mit diesem Ergebnis vollauf zufrieden. Manche stimmen dem Einsatz als Übergangslösung zu und fordern, dass weiter geforscht wird, bis es für den Abwassertest ein tierversuchsfreies und tierfreies Verfahren gibt.

Doch werden die zuständigen Stellen, die eben erst den Fischei-Test gefördert und etabliert haben, dazu jetzt überhaupt noch zu motivieren sein? Oder erst wieder in 10 oder 20 Jahren?

 

Ad b) Beim Pyrogentest allerdings, womit ich beim zweiten Beispiel bin, hat dieser mehrstufige, wenn auch mühsam erreichte Fortschritt funktioniert.

Pyrogene sind fiebererzeugende Stoffe, auf die Arzneimittel untersucht werden. Dafür wird Kaninchen die Testsubstanz injiziert und die Köpertemperatur gemessen. Steigt die Temperatur, ist die Arznei mit Pyrogenen verunreinigt. Allein in der alten EU der 15 wurden jährlich 200 000 Kaninchen dazu verwendet.

Vor fast 15 Jahren wurde der LAL-Test als sogenannte Alternative zum Kaninchen-Pyrogentest entwickelt. Dabei wurde jedoch nur auf eine andere Tierart - auf den Pfeilschwanzkrebs (Limulus polyphemus) – ausgewichen, der darüber hinaus jedoch nur einen Teil des Kaninchen-Tests abdecken kann, weil mit ihm nur eine Kategorie von Pyrogenen ermittelt werden kann.

Schon damals war die Frage, sollen wir TierversuchsgegnerInnen uns für den LAL-Test einsetzen? Aber mit welcher Begründung und Berechtigung? Die Tierversuchslobby behauptet, dass das LAL-Verfahren weniger belastend sei als der Kaninchen-Pyrogentest. Doch stimmte das? Oder wurde lediglich unterschwellig dem Pfeilschwanzkrebs eine geringere Leidensfähigkeit als dem Kaninchen zuerkannt?

Nun, trotz der LAL-Alternative, wurde – vor allem auch auf Druck der TierversuchsgegnerInnen - weiter geforscht, und es gibt jetzt eine tierversuchfreie Methode, die auf menschliche Blutzellen basiert und den Kaninchen-Pyrogentest vollständig ersetzt. Diese Methode wird schon in 200 Labors eingesetzt und von der EU-Kommission validiert.

 

Ad c) Es gibt inzwischen eine große Anzahl von Prüfmethoden, bei denen Zellkulturen statt Tiere verwendet werden, wobei sich auch hier die Frage stellt, inwieweit wir der Verwendung von tierischen Zellen, Gewebe, Organen, Eiern, Embryonen, Föten etc. zustimmen können? Sind wir prinzipiell gegen die Verwendung tierischen „Materials“ oder soll die Verwendung davon abhängen, wie das „Material“ gewonnen wurde? Handelt es sich um sog. Schlachtabfälle? Mussten die Tiere eigens dafür getötet werden? Müssen dafür weiterhin Tiere in Versuchslabors als „Ausgangsmaterial“ ihr Leben fristen? Sind wir für „permanente tierische Zelllinien“, die sich beliebig lange in Kultur halten und wofür keine weiteren Tiere mehr getötet werden müssen?

Oder sind wir nur für menschliche Zellkulturen, die auch eine verlässliche Aussagekraft für den Menschen haben? Doch auch diese müssen, damit sie gedeihen können, ernährt werden. Und als Nährlösung wird häufig fötales Kälberserum (FKS) verwendet, das aus dem Blut von Kälberföten gewonnen wird. Hierfür werden Frühgeburten verwendet, doch ebenso werden schwangere Kühe eigens geschlachtet.