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VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN
Vegane Gesellschaft Österreich

 

 

Dr. Haberditzl, AK Grundrechte für Tiere, Sonntag 10-11 Uhr Vortragsraum:

 

Tierschutzgesetze als einklagbare Rechte

Einhaltung durch Tierhalter und Behörden (Kontrolle, Sanktionen) nicht einklagbar, da Tiere nicht rechtsfähig sind. An der fehlenden Rechtsfähigkeit der Tiere scheitert auch die Belangung der wissentlich untätigen Behörde wegen Missbrauches der Amtsgewalt, da dieser den Vorsatz erfordert, „einen anderen in seinen Rechten zu schädigen“.

Lösung: Für Tiere sollte als erster Schritt eine Teilrechtsfähigkeit im Hinblick auf die Tierschutzgesetze gefordert und erreicht werden.

 

Personenbegriff nach dem ABGB

Ausgangspunkt ist der § 16, erster Satz, Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch:

„Jeder Mensch hat angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als eine Person zu betrachten.“

Es wird daher unterschieden zwischen

  1. angebornen, schon durch die Vernunft einleuchtenden und
  2. durch die Rechtsordnung verliehenen Rechten.

Weiters wird der Mensch, weil er zweifellos angeborne, durch die Vernunft einleuchtende Rechte hat, den Personen zugezählt. Der Begriff „Person“ ist demnach ein Sammelbegriff für alle, die angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte haben.

Welche Rechte sind „angeborn, schon durch die Vernunft einleuchtend“ ?

Es wird im zweiten Satz des § 16 ABGB die Sklaverei und Leibeigenschaft verboten, ohne ausdrücklich diese Rechte als „angeborn, schon durch die Vernunft einleuchtend“ zu apostrophieren.

Dieser erste Satz scheint eine Kritik der Schöpfer des ABGB an den Vorfahren zu sein, denn seit Bestehen des ABGB wurden diese „angebornen, schon durch die Vernunft einleuchtenden Rechte“ in den geschriebenen Rechtsbestand aufgenommen und sind daher auch der 2. Kategorie zuzuzählen. Kritik deswegen, weil daraus der Vorwurf hervorleuchtet: Ihr bösen Vorfahren, obwohl solche Rechte angeborn, schon durch die Vernunft einleuchtend sind, habt ihr sie vielen Menschen, nämlich den Sklaven und Leibeigenen vorenthalten.

Die Vorfahren könnten antworten: Wir haben die Sklaverei und Leibeigenschaft für vernünftig gehalten, das wurde uns von weltlichen und kirchlichen Gelehrten bestätigt.

Daraus erhellt: Angeborn sind auch nur jene Rechte, die der jeweilige Zeitgeist unter dem Titel „Vernunft“ den Gebornen zuerkennt, das heisst, es gibt in Wirklichkeit keine „angebornen“, sondern nur vernünftige Rechte.

Rätselhaft ist der zweite Halbsatz: „......und ist daher als eine Person zu betrachten“.

Dieser zweite Halbsatz könnte ohne weiteres entfallen, wenn nur Menschen gemeint sind. Er würde dann lauten: „Jeder Mensch hat angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte“. Punkt. Das entspräche dem Prinzip, dass in einem Gesetz keine überflüssigen Ausführungen enthalten sind. Im Übrigen ist nirgends definiert, was ein Mensch ist.

Vollkommen spekulativ ist es, dass die Schöpfer des ABGB der Fortentwicklung der Vernunft eine Tür offen lassen wollten, es aber zur damaligen Zeit nicht äussern durften. Andererseits waren das gescheite Leute, die sicher nicht annahmen, dass im Jahre 1811 die Fortentwicklung der Vernunft gestoppt sei.

Und tatsächlich findet es heute in unseren Breiten jeder vernünftig, dass es Tierschutzgesetze gibt und die Meisten glauben, dass die Tiere ein Recht auf Einhaltung und Vollzug dieser Gesetze haben. Ein Teil ist gutgläubig dieser Meinung, die Tierhalter selbst bestärken diese Gutgläubigen in dieser Meinung, weil dann der Ruf nach Tierrechten ins Leere geht. Leider propagieren auch echte Tierschutzvereine, dass Tierschutzgesetze ein Recht für Tiere bedeuten.

Eine Bestärkung dieser Fehlmeinung bedeutete der im Jahre 1988 eingefügte, aus zwei Sätzen bestehende, § 285 a des ABGB: „Tiere sind keine Sachen; sie werden durch besondere Gesetze geschützt.“ Dieser Satz wird immer wieder zitiert, von Gut- aber auch von Bösmeinenden. Verschwiegen wird der zweite Satz: „ ..... Die für Sachen geltenden Vorschriften sind auf Tiere nur insoweit anzuwenden, als keine abweichenden Regelungen bestehen." Schon die Wendung „besondere Gesetze“ ist hinterhältig. „Besondere“ kann nur die Qualität der Gesetze meinen. Tatsächlich sind die Tierschutzgesetze „besonders“, d.h. anders als die anderen Gesetze, weil sie nicht einklagbar und vom Bürger nicht durchsetzbar sind.

Schon im selben Jahr haben sich Rechtsgelehrte über diesen § gestürzt. Hier die markantesten Stellen aus Abhandlungen in juristischen Publikationenl:

Bydlinski: „Dass Tiere niemals Träger von Rechten sein können, steht fest; darüber kann man nicht streiten. Sonst müsste jedem Tier auf Lebenszeit ein gesetzlicher Vertreter bestellt werden. Der § 285a ist der klassische Fall einer Novellierung, die an der Rechtslage überhaupt nichts ändert. Sie hat offenbar reinen Beschwichtigungscharakter und wird aber vermutlich zu einem Verstummen der (über-?) engagierten Tierfreunde führen.“

Weniger spöttisch, aber in der Sache gleich, Dr. Gipel-Hinteregger 1989, dann Rainer Lippold und 2001 Dr. Saria. Tiere sind weiterhin Sachen, denn auch andere Sachen werden durch besondere (besser bestimmte) Gesetze geschützt, z.B. Denkmäler, ohne die Sacheneigenschaft einzubüßen.

Und doch gesteht der heutige Zeitgeist den Tieren vernünftige Rechte zu. Diesem Zeitgeist sollte scheinbar der 285a Rechnung tragen. Aufgabe der echten Tierschutzvereine müsste es sein, die Bevölkerung über den Charakter des 285a aufzuklären und wirkliche vernünftige Rechte für Tiere einzufordern.